Aus: junge Welt Nr. 283 – 5. Dezember 2012 / Von Jürgen Heiser
In den USA hat Oscar López Rivera, Unabhängigkeitskämpfer für die Souveränität der Karibikinsel Puerto Rico und seit über 31 Jahren politischer Gefangener, am vergangenen Sonntag prominenten Besuch erhalten. Eine Delegation gewählter US-Politiker traf sich mit López im Hochsicherheitsgefängnis von Terre Haute, Indiana, zum Gedankenaustausch und um ein Zeichen der Solidarität zu setzen. Melissa Mark, Stadträtin aus New York City, Gustavo Rivera, Senator des US-Bundesstaates New York, und José Rivera, Abgeordneter der Demokratischen Partei im Parlament des Bundesstaats, hatten ihr Vorhaben am Freitag auf einer Pressekonferenz in New York bekanntgegeben. Dort erklärten die drei Politiker, sie repräsentierten eine wachsende Zahl von Parlamentariern und Kommunalpolitikern, Vertretern religiöser Gruppierungen sowie Basisorganisationen der Stadt und des Bundesstaates New York. Ihnen gehe es darum, der Forderung nach López’ längst überfälliger Freilassung Nachdruck zu verleihen. »Nach 31 Jahren Gefängnis ist es an der Zeit, daß er nach Hause gehen kann«, erklärte Stadträtin Mark. Obwohl Oscar López niemanden verletzt oder getötet habe, sei er »länger im Gefängnis als jeder andere in der Geschichte der puertoricanischen Unabhängigkeitsbewegung«, so die Politikerin.
Nach den Vorstellungen der US-Justiz soll López noch mindestens bis 2027 in Haft bleiben. 1981 war er unter dem Verdacht verhaftet worden, Mitglied einer militanten Organisation zu sein, die sich Unabhängigkeit und Sozialismus für Puerto Rico auf ihre Fahnen geschrieben hat. Die Insel ist seit 1898 offiziell Kolonie der USA, ihre Bewohner sind zwangsweise US-Bürger, jedoch ohne politisches Wahlrecht. Zunächst wegen »Verschwörung zum Umsturz« zu 55 Jahren Haft verurteilt, erhielt López 1988 wegen angeblicher Fluchtvorbereitung weitere 15 Jahre Strafaufschlag.
Der 1943 in San Sebastian im Westen Puerto Ricos geborene López verließ als Teenager wie viele seiner Landsleute die Insel, um in den USA Arbeit und Brot zu finden. 1960 zog ihn die US-Armee ein und schickte ihn nach Vietnam. Geprägt von den Kriegserfahrungen, wurde er nach seiner Heimkehr nach Chicago politisch aktiv. Armut, Drogen, mangelnde Bildungschancen, Diskriminierung und Polizeirepression waren und sind die großen Probleme der drei Millionen puertoricanischen Migranten in den USA. López engagierte sich für soziale Veränderungen vor Ort, sah aber mehr und mehr die Notwendigkeit, das Übel an der Wurzel zu packen und Puerto Rico vom Joch des Kolonialismus zu befreien. 1981 sollte eine FBI-Razzia gegen die Unabhängigkeitsbewegung dem ein Ende setzen.
Sein soziales Engagement setzte López auch in der Haft fort. Er entwickelte Lernprogramme für seine Mitgefangenen und begann zu malen und zu zeichnen. Eine Wanderausstellung seiner Werke wurde in den USA, Puerto Rico und Mexiko gezeigt.
2011 wurde ihm in seiner ersten Anhörung vor dem US-Bewährungsausschuß das Recht verweigert, Zeugen aufzurufen, die zu seinen Gunsten hätten aussagen können. Im Gegensatz dazu durfte die Staatsanwaltschaft elf Zeugen präsentieren, die López mit Aktivitäten in Verbindung brachten, mit denen er nichts zu tun hatte und über die kein Gericht je ein Urteil sprach. Für die Prüfer des Bewährungsausschusses indes Anlaß genug, seine bedingte Freilassung abzulehnen.
In Orlando, Florida, hat daraufhin ein Oscar-López-Solidaritätskomitee eine Petition gestartet, die an US-Präsident Barack Obama gerichtet ist und die Begnadigung des 69jährigen zum Ziel hat. José Rivera, der López am Sonntag besuchte, sieht es als »peinlich für unser Land« an, »daß unser Präsident sich in anderen Ländern für politische Gefangene einsetzt«, aber mit López jemanden in Haft halte, »der sehr viel für die puertoricanische Gemeinde getan hat, nicht nur in Chicago, sondern überall in den USA, und der für uns alle eine Inspiration ist«.
Bislang haben 100000 Unterstützer die Petition unterschrieben, darunter auch viele Menschen aus Europa. Bis 15. Dezember werden noch Unterschriften gesammelt. Im Januar 2013 wird eine Delegation der Initiatoren die Petitionslisten an Vertreter der Obama-Regierung übergeben.
Petition: www.freedom-now.de (bitte anklicken!)[1]
Hintergrundinformationen: Bitte anklicken![2]