Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 88 – 14./15. April 2012
Vor einigen Wochen schrieb ich eine kurze Grußbotschaft an meine Brüder und Schwester in den Todestrakten Pennsylvanias. Unter anderem teilte ich ihnen darin meine Einschätzung mit, daß »die Todesstrafe selbst im Sterben liegt«, in erster Linie wegen der ungeheuren Kosten, die sie verursacht.
Nun hat gerade vor wenigen Tagen das Repräsentantenhaus des US-Bundesstaates Connecticut ein Gesetz verabschiedet, das der Senat des Staates bereits am 5. April gebilligt hatte. Es legt als Höchststrafe anstelle der Todesstrafe lebenslange Haft ohne die Möglichkeit vorzeitiger Haftentlassung fest. Gouverneur Dannel Malloy, der ebenfalls für die Abschaffung der Todesstrafe ist, hat bereits angekündigt, das Gesetz zu unterschreiben und ihm damit Rechtskraft zu verleihen.
Viele US-Bundesstaaten sehen sich durch ihre erheblichen finanziellen Probleme dazu gezwungen, ihre Dollars und Cents sehr genau zu zählen, und unter der Warte dieser strengen Mathematik geht die Rechnung mit der Todesstrafe einfach nicht auf. Vor dem Hintergrund aufwendiger Berufungsinstanzen und der anspruchsvollen Komplexität der Todesstrafenrechtsprechung stellen diese Staaten die laufenden materiellen Kosten über den Symbolcharakter der Todesstrafe und fragen sich: Sollen sie in jedem Einzelfall Millionenbeträge für die Verhängung und Vollstreckung der Todesstrafe aufbringen? Oder wäre es nicht besser, nur ein paar hunderttausend Dollar für die lebenslange Unterbringung eines Gefangenen auszugeben, der zudem noch als Arbeitskraft zum Nulltarif dienen kann?
Das Finanzdebakel von 2008 hat mehr Schaden angerichtet, als nur eine Nation von Hypothekenbesitzern in den Ruin zu treiben. Viele US-Bundesstaaten hatten unklugerweise in hypothekenbasierte Wertpapiere investiert, und beim Platzen der Blase gingen auch sie den Bach hinunter und versanken in der roten Tinte ihrer Schuldengrafiken. Sie verloren durch ihre Fehlinvestitionen Milliarden und Abermilliarden, und so blieb ihnen nichts anderes übrig, als umgehend alle Ausgaben zu kürzen und ihre Haushalte schonungslos zusammenzustreichen. Dem fallen nun nach und nach auch die viele Millionen Dollar verschlingenden Todestrakte zum Opfer. New Jersey hat sich 2007 als erster US-Bundesstaat nach der Wiederzulassung der Todesstrafe im Jahr 1976 dafür entschieden. Illinois beschloß nach einem achtjährigen Moratorium die Abschaffung der Todesstrafe 2011 und Maryland steht kurz davor. Und nun kappt auch Connecticut seine Verbindungen zum Todestrakt. Es ist nur noch eine Frage der Zeit – und der Finanzen natürlich –, wann ihnen weitere US-Bundesstaaten folgen werden.
[Übersetzung: Jürgen Heiser]
Brief Mumia Abu-Jamals an seine ehemaligen Mitgefangenen im Todestrakt:
http://www.freedom-now.de/news/artikel871.html[1]