Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 12 – 14./15. Januar 2012
Die vergangenen Weihnachtsfeiertage waren sicherlich die gräßlichsten, soweit ich zurückdenken kann. Nicht so sehr wegen meiner eigenen Situation, sondern wegen der allgemeinen Lage, von der wir alle betroffen sind. Sie ist geprägt von einem vorsätzlich herbeigeführten Abschwung der Wirtschaft, zutiefst unmoralischen Kriegen gegen andere Länder und dem sehr realen Gespenst eines von der NATO weltweit praktizierten aggressiven Imperialismus. Und hier im Inland: Arbeitslosigkeit, Zwangsräumungen, Ausplünderung durch eine außer Kontrolle geratene kapitalistische Vetternwirtschaft, Verschärfung der Repression durch den Staat, überfüllte Gefängnisse, die aus allen Nähten platzen, und blutrünstige, schießwütige Polizisten, die wie feindliche Sturmtruppen gegen die eigene Bevölkerung vorgehen.
All dies geschieht unter der Hoheitsgewalt des ersten afroamerikanischen Präsidenten dieser Nation, dessen schwarze Haut nur schlecht verbergen kann, daß er nichts anderes ist, als ein Klon des vorletzten US-Präsidenten William Clinton, ein Knecht des Großkapitals und ein Knüppel gegen die schwarze Bewegung, die sich in ein selten gekanntes Schweigen hüllt und dadurch den nach außen gerichteten Imperialismus und die im Inneren sich ausbreitende Ohnmacht erst ermöglicht.
Wenn die historisch gesehen fortschrittlichste Bewegung dieser Nation matt gesetzt ist, dann folgen andere Bewegungen unweigerlich ihrem Beispiel, dämpfen ihre Stimmen, mäßigen ihre Forderungen – wenn sie überhaupt noch Forderungen erheben –, während die Menschen mit ihren Existenzen, Hoffnungen und Lebenszusammenhängen mehr und mehr in den Abgrund gleiten.
Diese Zeiten werden so lange kalt und trostlos bleiben, bis wir selbst andere Temperaturen erzeugen und auf den Straßen für einen heißen Sommer sorgen. Wir haben nichts zu verlieren als unsere Ketten.
Übersetzung: Jürgen Heiser