Aus: junge Welt Nr. 12 – 14./15. Januar 2012 / Randspalte zum Schwerpunkt / Von Jürgen Heiser
Im Dezember 2011 legte das Pentagon ein Programm von neun Millionen US-Dollar auf, mit dem künftig die Computer, E-Mail-Korrespondenz und Internet-Chats des gesamten US-Militärpersonals im In- und Ausland überwacht werden sollen. Die Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA), laut wired.com »der weitreichende Forschungsarm der US-Armee«, hat unter der Leitung der Forschungsuniversität Georgia Institute of Technology in Atlanta fünf Institutionen damit beauftragt, ein System zu entwickeln, mit dem das von Soldaten genutzte Internet und die PC-Gewohnheiten von Militärangehörigen ausspioniert werden können. Das Projekt soll präventiv verhindern helfen, daß sich in den militärischen Strukturen »Bedrohungen durch Insider« etablieren.
Beim Pentagon läuft das Projekt unter dem Namen »Proactive Discovery of Insider Threats Using Graph Analysis and Learning«, kurz PRODIGAL, was soviel heißt wie »Initiative zum Aufdecken von Insiderangriffen mittels graphischer Analyse«. Es soll sicherstellen, daß der Fluß von E-Mails, Textnachrichten und Dateien permanent gescannt wird, aber nur das herausgefiltert wird, was einen Hinweis auf »unübliche Aktivitäten« enthält und zu einem Sicherheitsrisiko für das US-Verteidigungsministerium werden könnte. »PRODIGAL« erinnert sicher nicht zufällig an »prodigal son«, das Gleichnis vom verlorenen Sohn im Lukas-Evangelium der Bibel.
DARPA weigerte sich, genauer anzugeben, wie es gelingen soll, die gesamte Korrespondenz zu erfassen. Wired.com vermutet, daß es auf jeden Fall »bei jedem Tastendruck« darum ginge, »künftige Bradley Mannings zu verhindern«. Bradley Manning, der »verlorene Sohn« der US-Armee?
Parallel läuft dazu die »Operation Heimatfront«, ein Regierungsprogramm, das alle Soldatenfamilien mit Laptops ausstatten will, damit sie mit ihren im Einsatz befindlichen Angehörigen Kontakt halten können. Logisch: Wer überwachen will, braucht Zielobjekte.