Aus: junge Welt Nr. 149 vom 1. Juli 2011 / Von Jürgen Heiser
Häftlinge des Pelican Bay Staatsgefängnisses in Kalifornien haben für den heutigen Freitag den Beginn eines unbefristeten Hungerstreiks gegen ihre unmenschlichen Haftbedingungen angekündigt. Die Aktion wird von den Insassen des Isolationstrakts Security Housing Unit (SHU) ausgehen und von Gefangenen in weiteren Haftanstalten aufgegriffen werden. Nach den im Internet verbreiteten Erklärungen der Gefangenen birgt dieser Streik »das Potential in sich, einer der bedeutendsten in der Geschichte des kalifornischen Gefängnissystems zu werden«.
Die Lage in Pelican Bay hat sich seit geraumer Zeit zugespitzt, weshalb unter den Gefangenen bereits seit einem Jahr diskutiert wurde, sich mit einem Streik zu wehren, der auch zu einem Signal für Leidensgenossen in anderen Haftanstalten werden soll. Ed Mead, der selbst 18 Jahre lang als politischer Gefangener unter Sonderhaftbedingungen einsaß, unterstützt als Herausgeber des Onlinemagazins California Prison Focus den Streik. Gegenüber der Rundfunkstation CKUT in Montreal erklärte er, die Gefangenen hätten noch im Februar Gouverneur Jerry Brown von den Demokraten und die zuständige Strafvollzugsbehörde eindringlich auf ihre prekäre Lage hingewiesen und Abhilfe gefordert. Da keine Reaktion erfolgte, so Mead, griffen die Gefangenen nun zum Mittel des Streiks. Ihre fünf zentralen Forderungen, die auch durch eine Onlinepetition unterstützt werden können, lauten: Schluß mit den Kollektivstrafen, bei denen für den Regelverstoß eines Gefangenen seine ganze ethnische Gruppe bestraft wird, sowie mit dem Abstempeln von Gefangenen als »Bandenmitglieder«. Beides führt zur Verlegung in Isolationshaft, aus der nur entlassen wird, wer zu Aussagen über seine »Bande« bereit sei. Die Abschaffung einer solchen langjährigen Bestrafung in Kaliforniens SHU-Trakten, in denen sich Mitte Mai 3259 Gefangene befanden, und die Bereitstellung von sauberem und gesundem Essen sind weitere Anliegen der Gefangenen. Zentrale Forderung ist jedoch die nach Programmen, die es jedem Gefangenen ermöglichen sollen, seine persönliche Situation »durch Ausbildung und religiöse sowie andere produktive Aktivitäten« zu verbessern.
Das nahe der Kleinstadt Crescent City in eine nur spärliche besiedelte Gegend gebaute und 1992 eröffnete Spezialgefängnis war ursprünglich für 2280 Insassen ausgelegt, doch von Beginn an überbelegt. Bewacht von 1100 Wärtern, befindet sich von den derzeit rund 3500 Insassen die Hälfte im »Hochsicherheitsbereich«, dem Regelvollzug in Pelican Bay. Die andere Hälfte sitzt im Isolationstrakt SHU, weil sie nach offizieller Lesart »als schwierige Häftlinge, Bandenmitglieder und Gewalttäter einer Sonderbehandlung bedürfen«. Im SHU sind die Insassen fast 23 Stunden pro Tag in Einzelzellen gesperrt und dürfen jeweils nur einzeln zum »Hofgang« in einen Drahtverschlag, der hier »Hundekäfig« genannt wird.
Die Situation in Pelican Bay ist seit dem Bestehen des Gefängnisses zum Inbegriff für einen gewalttätigen Strafvollzug in den USA geworden. Der letzte größere Aufstand fand im Februar 2000 statt und wurde schon nach einer halben Stunde im Kugelhagel der Wärter im Keim erstickt. Gerichte befaßten sich bereits 1992 und 1993 in mehreren Fällen mit der »grausamen oder unmenschlichen Behandlung« in der Strafanstalt.
Weitere Infos und Online-Petition:
www.prisons.org[1]