Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 66 – 19./20. März 2011
Seit Wochen werden die mit den USA verbündeten Staaten in Nordafrika und im Nahen Osten vom Aufbegehren ihrer Bevölkerungen erschüttert. Von Tunis über Alexandria und Kairo bis nach Manama strömten Hunderttausende, manchmal Millionen auf die Straßen und Plätze und forderten nicht nur Demokratie, sondern ein Ende für die Diktaturen, unter deren Herrschaft sie seit Jahrzehnten leiden. Diktaturen, die allesamt mehr oder weniger vom US-Imperium unterstützt und aufgerüstet wurden.
Was die Menschen auf die Straßen trieb, waren die unerträglich gewordene soziale Lage und die Enthüllungen über die abscheuliche Korruption der Marionettenregierungen und deren erbärmliche Unterwürfigkeit gegenüber den Interessen der USA und des Westens.
Viele dieser Staatslenker waren seit Jahrzehnten an der Macht und wollten auf Lebenszeit über ihre Länder herrschen. In dieser Zeit haben sie riesige Pfründe angehäuft, während die Jugend Generation für Generation ein perspektivloses Leben fristen mußte, geplagt von Arbeitslosigkeit und brutaler Tyrannei durch die Polizei. Auch diese Polizeitruppen wurden in der Regel von den USA ausgerüstet und trainiert.
Die Enthüllungsplattform Wikileaks hat zahlreiche Dokumente aus dem Schriftverkehr zwischen der US-Regierung und ihren diplomatischen Vertretungen an die Öffentlichkeit gebracht, wodurch die oppositionellen Bewegungen in den arabischen und nordafrikanischen Ländern wichtige Informationen für ihren Kampf erhielten.
In diesem Zusammenhang war es gut zu erfahren, daß der US-Soldat Bradley Manning, den die US-Regierung beschuldigt, Wikileaks solche internen Dokumente zugespielt zu haben, und ihn dafür in einem US-Militärgefängnis in Einzelhaft schmoren läßt, hocherfreut war über den Aufschwung der Volksbewegungen in Nordafrika und in seiner eigenen schwierigen Situation neuen Mut faßte.
Aus den von Wikileaks offengelegten Dokumenten wurde ersichtlich, daß die USA Kenntnis hatten von der Korruption, Folter und brutalen Repression der Marionettenregierungen und sie guthießen. Es kümmerte die US-Regierung nicht, wie grausam oder korrupt die Herrscher dieser Länder waren oder sind, solange sie nur den Interessen der USA dienten. Sie sollten für »Stabilität« sorgen und zu den US-amerikanischen, israelischen oder westlichen Aggressionen in der Region schweigen. Allein das Mubarak-Regime in Ägypten erhielt zur Stützung der Diktatur jährlich Milliarden von US-Dollars.
Im Kontext der Welle von Rebellionen in islamischen Ländern haben viele der Herrscher, die jetzt bereits abgesetzt sind oder deren Macht wankt, insgeheim die USA gebeten, die Islamische Republik Iran anzugreifen. Das zeigt, daß diese Herrscher nicht im Namen ihrer Völker sprachen, sondern nur im Namen einer kleinen parasitären Herrscherclique. Wenn es jetzt zu einem Wandel in der Region kommt, dann nicht wegen, sondern trotz des Wirkens der USA.
Übersetzung: Jürgen Heiser