Herr Bertrand Delanoë, Bürgermeister der Stadt Paris,
Abgeordnete der Stadt Paris und der umliegenden Gemeinden,
Frau Julia Wright und alle Vertreter und Vertreterinnen der Bewegung für die Freiheit von Mumia Abu-Jamal in den USA und in Frankreich,
die Einladung zur Teilnahme an diesem offiziellen Festakt, der der Entscheidung der Stadt Paris, Mumia Abu-Jamal zu ihrem Ehrenbürger zu wählen, folgt, ist mir eine große Ehre. Mumia ist sehr stolz, von dieser historischen Stadt aufgenommen zu werden, die der Ort von entscheidenden Schlachten der Französischen Revolution gewesen ist und deren Bürger während des zweiten Weltkriegs so viel Widerstand gegen die faschistische Besatzung geleistet haben.
Ich selbst werde für immer und ewig den Parisern und Pariserinnen und den Franzosen und Französinnen dankbar sein, die vor dreißig Jahren geholfen haben, eine siegreiche Bewegung zu schaffen, die mich aus dem Gefängnis befreit hat. Zudem haben die Menschen in dieser Stadt und in diesem Land zur Abschaffung der Todesstrafe, nicht nur in Frankreich, sondern in ganz Europa und in vielen anderen Ländern, einen wesentlichen Beitrag geleistet.
In der Bewegung für die Freiheit von Mumia Abu-Jamal, der seit über 20 Jahren in der Todeszelle sitzt, zeigt sich ein neuer Geist gegen den amerikanischen »Unilateralismus«, die Aggression gegen das irakische Volk und die rassistischen Angriffe auf Migranten und Migrantinnen - gegen all das, was die letzten Überreste der Demokratie in Amerika zu zerstören droht.
Mumia hat uns den Weg gewiesen, als er uns zeigte, wie wir auf die bestmögliche Art und Weise um die Opfer des 11. September 2001 trauern sollten: Mit einer Trauer, die nicht voll von Nationalismus, Ausländerhaß und Gewalt ist, sondern vielmehr von dem Sinn, Frieden zu stiften, und von weltweiter Solidarität erfüllt ist. Mumia hat uns gezeigt, wie man den Krieg und die staatliche Gewalt verurteilt, die Hand in Hand mit der Gewalt gegen Frauen geht.
Indem Sie Mumia Abu-Jamal die Ehrenbürgerschaft verliehen haben, ehren Sie nicht nur diesen außergewöhnlichen Menschen - den talentierten und engagierten Journalisten, der trotz der haarsträubenden Bedingungen, unter denen er seinen Beruf ausüben muß, in alle wichtigen politischen Angelegenheiten eingreift und sie hinterfragt -, sondern Sie ermöglichen es auch dieser Kampagne für die Abschaffung der Todesstrafe, einen wichtigen Schritt nach vorne zu machen.
Was uns an Mumia Abu-Jamal meiner Meinung nach am meisten berührt hat, ist sein tiefer Sinn für Menschlichkeit, die Tatsache, daß er sich bewußt ist, daß sein eigenes Schicksal mit dem von Tausenden Männern und Frauen, die in den Todestrakten in den USA und anderen Teilen der Welt sitzen, verknüpft ist.
Die Todesstrafe wird in all diesen Ländern nicht abgeschafft werden, solange sich die USA weigern, dieser grausamen und antidemokratischen Strafe ein Ende zu setzen.
Mumia verurteilt auch die Auswirkungen des globalen Kapitalismus, die zunehmende Verarmung der Länder des Südens und die Kluft, die sich zwischen den Reichen und den Armen in den Ländern des Nordens auftut. Er stellt sich gegen die Angriffe gegen Frauen, gegen den institutionellen Rassismus sowie dagegen, daß jene Teile der Bevölkerung, von denen man glaubt, nach Belieben über sie verfügen zu können, zunehmend in Gefängnisse gesperrt werden.
Mumia hat verstanden, daß sein Schicksal mit dem der Opfer des Gefängnis-Industriekomplexes, dessen symbiotische Beziehung mit dem militärischen Industriekomplex uns in Alarmbereitschaft versetzen sollte, verknüpft ist.
Diejenigen, die für die Freiheit Mumias kämpfen, wollen sein Leben retten, aber sie wollen noch viel mehr: Sie wollen der Todesstrafe, dem Krieg, dem Rassismus, der Ungleichbehandlung von Frauen und der kapitalistischen Globalisierung, die weltweit die Arbeiter und Arbeiterinnen vernichtet, ein Ende setzen.
All dies bedeutet große Hoffnung auf eine bessere Welt.
Vielen Dank im Namen von Mumia, aber auch im Namen der Koordinatorin der Bewegung für seine Freiheit, Pam Africa, sowie im Namen seines Anwaltes, Robert R. Bryan, die beide heute hier anwesend sind.
Nun möchte ich das Wort an denjenigen übergeben, der heute nicht hier sein kann, damit Sie seine Botschaft hören: Mumia Abu-Jamal[1].
Übersetzung: Irina Spitznagel