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Für die Freiheit
Der Kampf für die Befreiung der »ältesten Kolonie der Welt« ruht nicht: Am Montag versammelten sich in New York mehrere Teilnehmer zu einer Kundgebung nahe dem UN-Gebäude, um die »Beendigung des US-Kolonialismus« und die »sofortige Unabhängigkeit« Puerto Ricos zu fordern. Ziel der Aktion, die anlässlich des »50. Jahrestags der Sache Puerto Ricos vor den Vereinten Nationen« stattfand, war es, Perspektiven für ein »freies und sozialistisches Puerto Rico« aufzuzeigen. Die Karibikinsel war seit 1493 zunächst in spanischem, seit 1898 in US-Besitz.
Hauptredner war der Independentista Oscar López Rivera, der 1981 von einem US-Gericht wegen seines Kampfes für die Souveränität Puerto Ricos zu 70 Jahren Gefängnis verurteilt worden war und erst nach 36 Jahren dank internationaler Solidarität freikam. Die Zukunft seines Landes liege nicht darin, 51. Bundesstaat der USA zu werden, erklärte López. Das sei nur eine andere Form der Kolonisierung. »Wir haben niemals akzeptiert, Kolonie der USA zu sein, und werden es auch niemals hinnehmen.«
Der in New York tagende UN-Sonderausschuss erklärte am selben Tag in einer Pressemitteilung, er habe einen Resolutionsentwurf angenommen, in dem das »unveräußerliche Recht des puertoricanischen Volkes auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit« bekräftigt und die US-Regierung aufgefordert wird, »ihre Verantwortung wahrzunehmen und einen entsprechenden Prozess zu fördern«.
Die Resolution mit dem Titel »Beschluss des Sonderausschusses vom 18. Juni 2021 zu Puerto Rico« wurde ohne Abstimmung verabschiedet und anschließend der UN-Generalversammlung zur Annahme zugeleitet. Das 193 Mitglieder zählende Organ möge »einen Prozess unterstützen, der es dem puertoricanischen Volk ermöglicht, Entscheidungen zu treffen, die seine dringenden wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnisse, einschließlich Arbeitslosigkeit, Marginalisierung, Zahlungsunfähigkeit und Armut, betreffen«, so der Sonderausschuss. Unter anderem solle die US-Regierung aufgefordert werden, »alle von ihren Streitkräften besetzten Gebiete in dem Territorium an die Bevölkerung von Puerto Rico zurückzugeben«.
Laut einem Bericht von Telesur war die Resolution auch in diesem Jahr wieder von der Republik Kuba eingebracht und von ihrem UN-Botschafter, Pedro Luis Pedroso, begründet worden. Unterstützt wurde sie von Antigua und Barbuda, Bolivien, Nicaragua, der Russischen Föderation sowie von Syrien und Venezuela. Pedroso erklärte, die Resolution bekräftige »den lateinamerikanischen und karibischen Charakter Puerto Ricos«. Durch den bestimmenden Einfluss der USA werde jedoch seine selbständige Entwicklung mittels »einer Politik behindert, die gegen politische und finanzielle Entscheidungen jederzeit ein Veto einlegen« könne.
Telesur zitierte dazu eine Twitternachricht des Diplomaten, in der er erklärte, Kuba nehme seine »eindeutige Verantwortung für die Selbstbestimmung und Unabhängigkeit des Brudervolkes von Puerto Rico« wahr, »die auf der unverbrüchlichen Freundschaft und Beziehung mit tiefen historischen Wurzeln und einem gemeinsamen Kampf von mehr als einem Jahrhundert für Unabhängigkeit und Souveränität« beruhe. Weiter betonte Pedrosa, der derzeitige Status der Abhängigkeit Puerto Ricos hindere »die Bevölkerung daran, souveräne Entscheidungen zu treffen, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen und ihre Zukunft zu definieren, insbesondere um die ernsten wirtschaftlichen und sozialen Probleme anzugehen, von denen sie betroffen ist«.
Im Namen der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC) sowie der Bewegung der Blockfreien verteidigten mehrere Vertreter die Position Kubas. So der Venezolaner Joaquín Vazquez, der hervorhob, dass trotz der Tatsache, dass sich der Sonderausschuss seit 50 Jahren mit dieser Frage befasst, allein wegen »des mangelnden politischen Willens der Vereinigten Staaten bislang keine Fortschritte erzielt wurden«.
Jürgen Heiser