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Trump im Wahlkampfmodus
Donald Trump wäre nicht der Demagoge, als den ihn die Welt kennengelernt hat, wenn er die militärische Offensive der Russischen Föderation gegen die Ukraine nicht für seinen Auftritt auf der diesjährigen Conservative Political Action Conference in Orlando, Florida, genutzt hätte. »Das wäre niemals passiert, wenn man unsere Wahl nicht manipuliert hätte«, attackierte Trump am Sonnabend seinen Nachfolger Joseph Biden. Um sogleich zum Thema vermeintliche »Invasion« von Migranten an der US-Südgrenze zu schalten. Die Biden-Regierung habe jetzt »Monate damit verbracht, sich darüber Gedanken zu machen, wie die Invasion eines fremden Landes, das Tausende Meilen entfernt ist, zu stoppen wäre«, polterte Trump. Er glaube aber, dass »die Amerikaner einen Präsidenten verdienen, der auch die Invasion in unser Land stoppen wird«. Er werde »die Mauer zu Ende bauen«.
Seinen Auftritt als Hauptredner der diesjährigen Konferenz der Ultrakonservativen eröffnete Trump mit den Worten, er sei glücklich, wieder »unter den großartigen Patrioten der CPAC zu sein, mit denen alles begann«. Seit Jahren wird das Treffen von Verschwörungsfanatikern, das als Kontaktbörse, Basar für Propagandamittel und Spendenpool der American Conservative Union (ACU) dient, mit Hilfe von Sponsoren aus der Waffen- und Rüstungslobby im Februar veranstaltet. Auf der CPAC habe sich eine »bislang nicht gekannte einzigartige Bewegung versammelt, brüstete sich der Wahlverlierer von 2020 unter frenetischem Beifall seiner Anhängerschaft.
Trump gilt laut aktuellen Umfragen nicht unbedingt als möglicher Sieger der für 2024 geplanten Wahl, doch er glaubt fest daran, dass seine »Bewegung jeden Tag stärker« werde. Die »radikale Linke« hingegen sei »gescheitert und schwach«. »Sozialisten, Globalisten, Marxisten und Kommunisten, die unsere Zivilisation attackieren«, hätten keine Ahnung »von dem schlafenden Riesen, den sie geweckt haben«. »Wir holen uns unser Land und unsere Freiheit zurück.« Er beharrt wie die gesamte CPAC-Rednerriege darauf, dass ihnen »die Wahl gestohlen« wurde – weshalb die »Reform des Wahlsystems« vor allem in Wahlbezirken mit hohem Anteil an Schwarzen und Latinos und die Abschaffung der Briefwahl auf der CPAC breit erörtert wurden.
Wegen der US-Zwischenwahlen in diesem Jahr und der Präsidentschaftswahl 2024 war Trump als Hauptredner von Versammelten und Konzernmedien mit Spannung erwartet worden. Vorredner wie Richard Grenell, ehemaliger US-Botschafter in Berlin, und »Mr. Brexit«, der Brite Nigel Farage, hatten die Menge bereits am Freitag eingepeitscht, den »nächsten US-Präsidenten« am Samstag abend gebührend zu empfangen.
Doch bezüglich seiner Kandidatur blieb Trump vage, prophezeite seinen politischen Gegnern jedoch, sie würden es »nach dem 8. November (2022) auf die harte Tour erfahren«. Wegen des derzeit in Umfragen schwächelnden Biden rechnen sich die Republikaner Chancen aus, den Demokraten bei den Zwischenwahlen Sitze in Repräsentantenhaus und US-Senat wegzunehmen. Erst recht bei der Präsidentschaftswahl 2024 werde man es »den linken Faschisten zeigen wie nie zuvor«, so Trump.
Der »Kulturkampf« über antirassistische Lehrinhalte an Schulen sowie härtere Strafen für Proteste der »Black Lives Matter«-Demos wurden in den Redebeiträgen als Wahlkampfthemen eingebracht. Floridas Gouverneur Ronald DeSantis hatte den Ton gesetzt gegen die »marxistische Agenda« der Demokraten.
Florida als ideologisches Zentrum der Coronaleugner und des Kampfs gegen Pandemiebeschränkungen war zum zweiten Mal Austragungsort der CPAC. Jubel brach im Publikum aus, als der Kardiologe Peter McCullough am Samstag mit den Worten die Bühne betrat: »Es ist ein Arzt im Haus!« Um dann wortreich mit der Mär aufzuwarten, nicht das Virus habe die Toten der Coronapandemie zu verantworten, sondern die Verabreichung »nicht wirksamer Vakzine«. Was hier als medizinischer Sachverstand daherkam, spiegelte die andauernde Botschaft von DeSantis und der CPAC über die Pandemie wider: Die Demokraten hätten das Virus, dem etwa 940.000 US-Bürger zum Opfer fielen, dazu genutzt, »die individuellen Freiheiten abzuschaffen«.
Jürgen Heiser