Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 14 vom 18. Januar 2021: Bitte HIER klicken![1]
Freiheit für Maroon Shoatz!
Der schwarze Freiheitskämpfer und autodidaktische Historiker Russell »Maroon« Shoatz kämpft derzeit an mindestens zwei Fronten um sein Leben. Die eine Schlacht führt der politische Gefangene seit einem Jahr gegen den Dickdarmkrebs im Stadium 4, die andere seit etwa anderthalb Monaten gegen Covid-19.
Angesichts seiner Widerstandsfähigkeit, seines Einfallsreichtums und seines Kampfgeistes ist es schwer zu sagen, ob er einen dieser Kämpfe – oder sogar beide – bestehen wird. Der 77jährige befindet sich seit 1972 in den Kerkern der Gefängnisbehörde von Pennsylvania, dem Department of Corrections (DOC). Das DOC setzt alles daran, ihm die Überlebenschancen zu verbauen, weil ihm nach der eindeutigen Krebsdiagnose weiterhin die dringend notwendige Operation verweigert wird.
Während der Welle von Covid-19-Erkrankungen in den Staatsgefängnissen wurde Maroon zusammen mit 29 weiteren Gefangenen über mehrere Wochen in einer Turnhalle untergebracht, die behelfsmäßig als Krankenstation eingerichtet worden war. Wie seine Tochter Theresa berichtete, wurde er inzwischen in seine Zelle zurückverlegt. Aber in der Zelle herrscht eisige Kälte, und die Wärter verweigern ihm ausreichend Decken, um sich einigermaßen warmhalten zu können. Doch Maroon gibt nicht auf und kämpft weiter.
Menschenrechtsgruppen wie die Pennsylvania Poor People’s Campaign, die Human Rights Coalition und die Coalition to Abolish Death by Incarceration forderten in Harrisburg auf Protestkundgebungen und mittels Petitionen die Freilassung aller Gefangenen, die wie Maroon an Covid-19 erkrankt sind.
Maroon hat in den langen Jahrzehnten seiner Haft unzählige junge Mitgefangene im Lesen, Denken und Studieren unterrichtet. Er gehört zu den am längsten eingesperrten schwarzen politischen Gefangenen in den USA. Über 30 Jahre dieser fast fünf Jahrzehnte befand er sich nachweislich in Isolationshaft. Doch trotz alledem und obwohl er inzwischen 77 Jahre alt ist, zeichnet ihn ein unvermindert scharfer Geist aus. Er war Mitglied der Black Panther Party und politischer Aktivist und ist nach wie vor ein Revolutionär. Aus meiner Zeit als Teenager und aktives Mitglied der Panthers hatte ich kaum Erinnerungen an ihn, nur das, was es in den Zeitungen über ihn zu lesen gab. Nachdem er 1972 verhaftet worden war, verfasste ich als Aktivist der Black United Liberation Front ein Solidaritätsflugblatt für ihn, in dem wir dazu aufriefen, ihm in den Knast zu schreiben. Dann tauchte er gelegentlich noch einmal in den Kurznachrichten auf, aber auch das kam immer seltener vor. So geriet sein Name allmählich in Vergessenheit – bei uns allen, mit Ausnahme seiner Familie, die dafür sorgte, dass seine Geschichte und sein Fall wieder an die Öffentlichkeit kamen. Eine Solidaritätsbewegung fordert jetzt seine sofortige Freilassung mit einem Aufruf, in dem es heißt: »Sein tiefgründiges Verständnis der gegenwärtigen historischen Situation, seine klaren Vorschläge, wie man vorwärtsschreiten kann, indem man neue politische Konzepte und Praktiken einbezieht (einschließlich, aber nicht beschränkt auf Ökosozialismus, Matriarchat und Ökofeminismus), bieten wegbereitende Anregungen für alle heutigen Bewegungen, die für gesellschaftliche Veränderungen kämpfen.«
Übersetzung: Jürgen Heiser
Info: https://russellmaroonshoats.wordpress.com/[2]