Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 64 vom 16. März 2020: Bitte HIER klicken![1]
Lebe wohl, Rafael!
Mit vollem Namen hieß er Rafael Cancel Miranda, aber ich befürchte, dass er heute vielen von denen, die seinen Namen hören, nicht bekannt sein wird. Das ist bedauerlich, doch ich hoffe, etwas daran ändern zu können.
Rafael war ein puertoricanischer Nationalist, der sein Leben lang für die Freiheit und Unabhängigkeit der karibischen Insel Puerto Rico kämpfte. Schon mit 15 Jahren wurde er Mitglied der Puertoricanischen Nationalistischen Partei des Albizu Campos.
Am 1. März 1954 drang ein bewaffnetes Kommando in das US-Kapitol in Washington D. C. ein und eröffnete im Sitzungssaal des Kongresses das Feuer, um gegen die Unterdrückung Puerto Ricos als US-Kolonie zu protestieren. Auch Rafael war dort und wurde zusammen mit Lolita Lebrón, Andrés Figueroa Cordero und Irvin Flores Rodríguez verhaftet, nachdem sie eine Erklärung für die Unabhängigkeit ihres Landes verlesen hatten. Sie wurden zu Gefängnisstrafen von 50 bis 75 Jahren verurteilt, kamen aber nach 25 Jahren auch dank einer Solidaritätskampagne wieder frei.
Anfang März, nur einen Tag nach dem 66. Jahrestag der Aktion im Kapitol, tat Rafael in seinem 90. Lebensjahr seinen letzten Atemzug. Geboren wurde er am 18. Juli 1930 in Mayagüez, Puerto Rico. In seinem langen Leben schrieb er acht Bücher und zahllose Zeitungsartikel.
Seine Ehefrau, María de los Ángeles Vázquez, forderte die Unterstützer Rafaels und der Unabhängigkeitsbewegung auf, ihrem Mann und »Compañero« mit einem Meer von puertoricanischen Fahnen die letzte Ehre zu erweisen, und so geschah es am Sonntag, dem 8. März, auf der Trauerfeier in Mayagüz. In ihrer Abschiedsrede erklärte Maria: »José Martí zitierend möchte ich sagen, Rafael Cancel Miranda gehörte angesichts so vieler Menschen, die ohne jeden Anstand leben, zu denen, die den Anstand vieler Menschen in sich tragen. Er trug den Anstand und die Würde, den Mut und die Weisheit vieler Männer und Frauen in sich. Aber vor allem war er erfüllt von der Liebe, der Liebe des wahren Revolutionärs, wie El Che betonte. Der Liebe zu seinem Volk, zu seinen Mitmenschen. Wir werden ihn sehr vermissen: Seine imposante Präsenz, stets gut aussehend. Den durchdringenden Blick seiner schwarzen Augen, sein aufrichtiges Lächeln. Seine treffenden Worte, seine Solidarität, seine überbordende Großzügigkeit, wann immer es ihm möglich war, und seine Leidenschaft im Kampf.«
Genau so werden die Independentistas in Puerto Rico Rafael Cancel Miranda in Erinnerung behalten!
Übersetzung: Jürgen Heiser
Im Dezember 1990 fand in New York City ein »Internationales Tribunal über politische Gefangene in den USA« statt, an dem auch Rafael Cancel Miranda als Zeitzeuge teilnahm. Er sagte über die US-Kolonie Puerto Rico und die Situation der politischen Gefangenen aus der puertoricanischen Unabhängigkeitsbewegung in US-Knästen aus. In Vorbereitung des Tribunals waren es Cancel Miranda und andere puertoricanische Aktivisten, die sich dafür stark machten, auch den Fall Mumia Abu-Jamals im Tribunal zu diskutieren, seine Verurteilung sowie die Todesstrafe allgemein einer scharfen Kritik zu unterziehen und Mumias Freilassung zu fordern. Cancel Miranda: »Solange wir uns umeinander kümmern, können wir nicht besiegt werden!« (jh)