Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 274 vom 25. November 2019: Bitte HIER klicken![1]
Tod eines Häftlings
Auch mehr als eine Woche nach dem gewaltsamen Tod eines Häftlings am 11. November im Staatsgefängnis Mahanoy in Frackville, Pennsylvania, zirkulierten unter den Häftlingen die Gerüchte. »Hey, Mann, hast du das von ›Reds‹ mitgekriegt?« rief ein Gefangener seinem Zellennachbarn zu. »Ja, Mann, aber ging’s dabei um ›Big Reds‹ oder ›Little Reds‹?«, kam prompt die Gegenfrage. »Keine Ahnung, Mann.«
Der Mann, der den Spitznamen »Little Reds« trug, hieß Tyrone Briggs. Er war in Wirklichkeit gar nicht »klein«, nur nicht ganz so groß wie »Big Reds«, dafür aber um einiges muskulöser als sein Knastkumpel. Tyrone Briggs war 29 Jahre alt und stammte aus Westphiladelphia.
Als Jugendlicher war er im Alter von 16 Jahren nach Erwachsenenstrafrecht zu einer Haftstrafe von 15 bis 30 Jahren verurteilt worden. Das Ende seiner Mindeststrafe näherte sich also allmählich. Aber Gefängniswärter beschossen ihn am 11. November unter bislang ungeklärten Umständen aus einer sogenannten weniger tödlichen Waffe mit einem Gel, das mit »Oleoresin Capsicum« angereichert ist. Das ist eine Chemikalie, die aus dem Stoff hergestellt wird, der auch Chili scharf macht, jedoch in viel höherer Konzentration. Und an diesem aufschäumenden Gel scheint Briggs erstickt zu sein, möglicherweise durch Entzündung und Anschwellen der Schleimhäute der oberen Atemwege. Dazu muss man wissen, dass er asthmakrank war. Dennoch liebte er es, mit anderen Sport zu treiben und verhielt sich so, dass er sich keine zusätzlichen Schwierigkeiten bereitete. Er hinterlässt eine Tochter und seine Mutter in Philadelphia.
Fünf Tage nach dem Tod von Tyrone »Little Reds« Briggs wurden mehrere Gefängniswärter sowie Sanitäter der Krankenstation des Mahanoy-Gefängnisses vom Dienst suspendiert, bis die eingeleiteten Untersuchungen abgeschlossen sind. »Ich kriege keine Luft mehr«, sollen nach übereinstimmenden Meldungen mehrerer Nachrichtenportale Tyrones letzte Worte gewesen sein, bevor er das Bewusstsein verlor und kurz darauf starb.
Übersetzung: Jürgen Heiser
Zum Hintergrund: »Reds« oder »Red« ist oft der Spitzname für Schwarze mit etwas hellerer Haut, die zudem manchmal Haare mit rötlichem Schimmer haben. Malcolm X hatte aus diesem Grund auch entsprechende Pseudonyme erhalten wie »Detroit Red«.