Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 234 vom 7. Oktober 2019: Bitte HIER klicken![1]
Nach dreizehn Jahren frei
Mit vollem Namen heißt er Larry Trent Roberts, aber die meisten Leute kennen ihn einfach als »Trent«. Seit 2007 war die Mehrzahl der Leute, die ihn überhaupt noch kannten, Häftlinge des Gefängnissystems in Pennsylvania. Denn damals war Trent wegen Mordes an dem 26jährigen Duwan »Wubb« Stern von einer Jury schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Stern war am 21. Dezember 2005 in Harrisburg, Pennsylvania, an der Ecke 20. und Swatara Street in seinem Auto erschossen worden.
Im Jahr 2017 jedoch hob Bezirksrichter Scott A. Evans dieses Urteil auf und ordnete einen neuen Prozess an, wobei er vor allem feststellte, dass dem Prozessverteidiger entlastende Beweise vorenthalten worden waren und Roberts deshalb nur unzureichend verteidigt worden war.
Nach zwei weiteren Jahren des Wartens fand das neue Verfahren jetzt im September statt. Staatsanwalt John Baer hielt an Trents Täterschaft fest und argumentierte, dass Trent, ein Gebrauchtwagenhändler, Stern getötet habe, weil dieser ihm aus einem Autokauf noch Geld schuldete. Dazu präsentierte der Ankläger erneut drei Zeugen, die aussagten, sie hätten Roberts am Tatort gesehen.
Im Kreuzverhör attackierten Verteidigerin Nilam Sanghvi und ihre Kollegen Thomas Schmidt und Tucker Hull jedoch diese Aussagen und bewiesen, dass die Angaben der Zeugen sehr ungenau und nicht glaubhaft waren. Außerdem stellten sie Ermittlungsergebnisse der Polizei in Frage, die angeblich zur Identifizierung von Roberts geführt hatten. Als Gegenbeweis führten sie an, dass Roberts Handy meilenweit von dem Ort entfernt gewesen war, an dem Stern getötet wurde.
Schon nach sechs Verhandlungstagen zogen sich die Geschworenen für zweieinhalb Stunden zur Beratung zurück und sprachen Trent am Ende einstimmig vom Vorwurf des Mordes an Stern frei. Seine Mutter, weitere Angehörige und seine Freundinnen und Freunde weinten nach dem Freispruch Freudentränen im Gerichtssaal.
Tränen kamen auch Anwältin Sanghvi vom »Pennsylvania Innocence Project«, das sich für unschuldig Verurteilte einsetzt. »Wir sind sehr froh, dass sich die Jury die Zeit genommen hat, sich die Beweise gründlich anzusehen«, sagte Sanghvi. »Wir und Trent empfinden Mitgefühl für die Familie von Mr. Stern. Wir hoffen, dass der wahre Mörder eines Tages gefunden wird.«
Nachdem die Geschworenen den Gerichtssaal verlassen hatten, waren die ersten Menschen, die Trent nach Sanghvi umarmte, Familienmitglieder von Stern. Dabei sprach er ihnen mit leiser Stimme sein Beileid aus.
Nach über dreizehn Jahren Gefängnis konnte der 48jährige Trent nun endlich das Gericht von Dauphin County im Verwaltungsbezirk Harrisburg als freier Mann verlassen und wieder zu seiner Familie zurückkehren. Vor dem Gerichtsgebäude sagte er zu einem Reporter: »Es gibt nichts Schlimmeres, als unschuldig im Knast zu sitzen.«
Übersetzung: Jürgen Heiser