Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 94 vom 23. April 2019: Bitte HIER klicken![1]
Gespräch mit einem Rapper
In den vergangenen Jahren haben Rapper angesichts des Aufkommens der »Black Lives Matter«-Bewegung und der beeindruckenden Bilder der Proteste gegen Polizeigewalt in Ferguson im Bundesstaat Missouri, einige Songs geschrieben, die nicht von Reichtum oder Sex handeln, sondern statt dessen von der Welle der Repression und des Widerstands von jungen Schwarzen. Die Titel von Songs wie »Hands Up« von Uncle Murda, »Soul Survivor« von Young Jeezy & Akon, »Cop Skit« von Black Rob und »Stay Woke« von Meek Mill könnten auch Schlagzeilen der heutigen Presse sein. Es sind akustische, musikalische Zeichen der Zeit. Einer Zeit, die nicht gut ist in den Vereinigten Staaten von Amerika.
Der aus Philadelphia stammende Rapper Young Chris wurde von dem Rapper Meek Mill dazu inspiriert, sich der Forderung nach Beendigung der Masseninhaftierungen anzuschließen. Er hat neben dem Einbringen seiner persönlichen Erfahrungen sogar ein paar Originaltöne von mir verwendet, um in seinen Songs auf den Punkt zu bringen, worum es ihm geht.
Zu Meek Mill und anderen Einflüssen, von denen seine Arbeit geprägt ist, erklärte mir Young Chris im Gespräch: »Ich war schon wach, als Meek diesen Kampfplatz betrat, aber was er macht, hat mich geformt. Byrd, mein allerbester Freund, verbüßt derzeit eine Haftstrafe ohne Bewährung für etwas, das er nicht getan hat. Das war der Anstoß, den ich brauchte, um über diese Dinge zu sprechen. Ich habe das Gefühl, ich musste Byrds Stimme werden, zusammen mit vielen anderen, die mit einer ähnlichen Situation konfrontiert sind. Freiheit für Byrd!« Ich fragte Young Chris, warum so viele Rapper sich weigerten, solche Probleme in ihrer Arbeit anzusprechen. Seine Antwort: »Ich glaube nicht, dass sie sich ausdrücklich weigern, diese ernsteren Themen zu diskutieren. Sie schweigen dazu nur, weil sie und ihre Umgebung nicht selbst betroffen sind. Ich war selbst nicht anders, bis das Unrecht meinen Freund Byrd aus dem Verkehr zog. Als Gemeinschaft müssen wir das einfach besser hinkriegen.«
Im Gespräch mit Young Chris erwähnte ich, dass ich im Fernsehen verfolgt hatte, wie Meek Mill sich in der von der bekannten Schauspielerin und Moderatorin Ellen DeGeneres moderierten und landesweit ausgestrahlten Talkshow »Ellen« gegen das Problem der Masseninhaftierungen aussprach. Young Chris dazu: »Das war großartig, wie er seine Geschichte über die ›Ellen DeGeneres Show‹ an eine größere Öffentlichkeit brachte. Wir müssen uns mehr mit den Ungerechtigkeiten auseinandersetzen, die unsere hispanischen und schwarzen Gemeinden sowie die weißen Unterprivilegierten seit Jahren volles Rohr treffen. Ich kenne Meek Mill schon seit er ein Teenager war, und ich hatte immer das Gefühl, dass er etwas Besonderes ist.«
Hip-Hop-Fans werden sich vielleicht an das Duo Young Gunz erinnern, das einen Song mit dem Titel »Can’t Stop, Won’t Stop« herausgebracht hat. Der 2003 von Roc-A-Fella Records aufgenommene Song erreichte Platz 10 in den Billboard-Charts und hielt sich dort 29 Wochen. Young Chris war die eine Hälfte des Duos Young Gunz und Hanif »Neef Buck« Mohammad die andere. Die Botschaft an die Hip-Hop-Szene: »Wir müssen unsere Stimmen für alle erheben, die ungehört bleiben«, sagte Young Chris und fügte hinzu: »Klappe auf und laut die eigene Meinung sagen!«
Übersetzung: Jürgen Heiser