Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 198 vom 27. August 2018: Bitte HIER klicken![1]
Stimme der Hoffnung
Sie war eine musikalische Legende und trug seit ihrer Geburt einen unverwechselbaren Vornamen: Aretha. In Memphis, Tennessee, erblickte Aretha Franklin am 25. März 1942 das Licht der Welt. Sie wuchs in Detroit als Tochter der Pianistin und Hausfrau Barbara Vernice Franklin, geborene Siggers (1917–1952), und des bekannten Baptistenpredigers und Gospelsängers Clarence LaVaughn Franklin (1915–1984) auf.
Aretha wurde in eine Welt der Musik hineingeboren, die es seit jeher vermochte, Menschen zu bewegen. Von Kindesbeinen an erlernte sie von ihrem Vater das gute Gefühl für Taktarten und die Formung von Rhythmik, Lautstärke und Pausensetzung in einer musikalischen Phrase. Dabei erfuhr Aretha schon sehr früh, dass der reine Klang ihrer Stimme und deren großer Tonumfang Herzen öffnen und Mauern zum Einsturz bringen konnten. Im Lauf der Zeit wurden mindestens fünf ihrer Tophits zu Klassikern der populären Musikgeschichte: »Respect«, »I Never Loved the Man«, »Freeway of Love«, »Share Your Love with Me« und »Something He Can Feel«. Das sicherte ihr 1987 einen Platz in der »Rock and Roll Hall of Fame«, der Ruhmeshalle des Rock ’n’ Roll in Cleveland. In ihrer einzigartigen Karriere hat sie es auf 20 Hits gebracht, mit denen sie die Musikparaden stürmte. Von »Respect« und »I Never Loved the Man« im Jahr 1967 bis zu »Freeway of Love« im Sommer 1985.
Ihre Fans liebten sie, als gehöre sie zum engsten Kreis der Familie. Aretha eroberte die Herzen ihrer Anhänger aus nah und fern, weil sie ihre Songs immer mit größtem Einfühlungsvermögen sang, ganz gleich, wo sie sich gerade in den Hitparaden platziert hatte. Ihre Stimme, diese große Gabe, die ihr mit auf den Weg gegeben worden war, erklang wie eine helle Glocke in finsterer Nacht. Aretha glänzte jedoch nicht nur als Sängerin auf der Bühne. In einem ihrer jüngsten Interviews bezeichnete sie sich selbst als »Domestic goddess«, als »häusliche Göttin«, der es vor allem um das Wohl der Familie ging. Welcher Job kann auch härter sein als der, schwarze Kinder in einer rassistischen Umwelt wie den Vereinigten Staaten von Amerika großzuziehen?
Als schwarze Mutter ihrer vier Kinder war sie in der Tat eine Göttin, die den Rhythmus des Lebens in ihrem liebevollen Zuhause in Detroit bestimmte. Für eine Afroamerikanerin war es zu Arethas Lebenszeit wahrlich keine Kleinigkeit, sich aus einem gesellschaftlichen Klima, das immer noch von rassistischen Gesetzen geprägt war, zu befreien, zu einer »Queen« im Königreich der Musik aufzusteigen und dabei immer noch wie eine liebevolle Göttin über Heim und Familie zu wachen.
Sie war, ist und wird immer »Aretha« bleiben, die »Tugendhafte«, der es gelang, die Herzen von Millionen Menschen in aller Welt mit Licht und Liebe zu füllen und ihr Leben zu bereichern. Nach 76 Sommern hat sich Aretha Franklin, die große Stimme, am 16. August für immer mit dem himmlischen Chor der Sterne vereinigt.
Übersetzung: Jürgen Heiser