Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 262 vom 13. November 2017: Bitte HIER klicken![1]
Vorkämpfer für indigene Rechte
In den späten 1960er und frühen 1970er Jahren traten zwei Menschen aus der Gemeinschaft der nordamerikanischen indigenen Ureinwohner hervor, deren Handeln beispielhaft war für den Widerstand gegen die Unterdrückung durch das weiße Amerika und seine Angriffe auf das Leben der Ureinwohner: Russel Means (1939–2012) und Dennis Banks. Beide Männer hatten zeitweise in Großstäden der USA gelebt, wo sie wie alle Native Americans systematische Verarmung und die Zerstörung ihrer Träume erfuhren.
In Zeiten massenhaften Widerstands und gesellschaftlicher Umbrüche, wie sie die Antikriegsbewegung und die schwarze Freiheitsbewegung bewirkten, war Banks unter den Tausenden junger Aktivisten der indigenen Bevölkerung zu finden. Er entwickelte sich zu einem Sprecher der Unterdrückten und zum Vorkämpfer für ihre Interessen.
Nachdem er 1968 eine Haftstrafe wegen Diebstahls von Lebensmitteln für seine hungernde Familie abgesessen hatte und aus dem Gefängnis entlassen wurde, schloss sich Banks einer Gruppe indigener Aktivisten an, zu denen die Brüder Clyde und Vernon Bellecourt, George Mitchell sowie etwa 250 Vertreterinnen und Vertreter nordamerikanischer Stämme gehörten. Sie gründeten das »American Indian Movement« (AIM) in der Absicht, aus zersplitterten Kräften eine geschlossene Formation des militanten Widerstands aufzubauen. In seiner besten Zeit hatte AIM mehr als 25.000 aktive Mitglieder. Die Organisation wählte historische Orte für ihre Protestaktionen aus, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit sowohl auf die Massaker der US-Armee an den indianischen Stämmen als auch das heutige Unrecht zu lenken, das den Nachfahren der Ureinwohner widerfährt.
1970 riefen Banks und Means einen »National Day of Mourning«, einen Nationalen Trauertag aus, um dem offiziellen Feiertag des »Thanksgiving Day« ihren Protest entgegenzusetzen. Sie besetzten dazu das Schiff »Mayflower II«, das am State Pier im Hafen von Plymouth, Massachusetts, liegt. Die Nachbildung des englischen Handelsschiffs soll an die Landung der historischen »Mayflower« erinnern, mit der sich die Pilgerväter einst von England in die Neue Welt einschifften. Durch die Protestaktion konnte man im Fernsehen landesweit verfolgen, wie echte Indianer gegen Weiße kämpften, die als »Indianer« kostümiert waren.
Zwei Jahre später bewegten sich mehrere Autokarawanen sternförmig aus allen Teilen der USA auf ihr Ziel zu, das »Bureau of Indian Affairs« (Amt für indianische Angelegenheiten) in Washington. Hunderte AIM-Aktivisten besetzten die Behörde eine Woche lang, um gegen den Bruch unzähliger Verträge zwischen der US-Regierung und den indigenen Stämmen zu protestieren.
1973 besetzte eine von Banks angeführte Aktionsgruppe symbolisch das Dorf Wounded Knee auf dem Gelände der Pine Ridge Reservation in South Dakota, wo die 7. US-Kavallerie 1890 das berüchtigte Massaker an Hunderten Stammesangehöriger begangen hatte. Die Besetzung dauerte 71 Tage und führte zu einer Reihe von Auseinandersetzungen, in die schwerbewaffnete Einheiten der Staats- und Bundespolizei die AIM-Mitglieder immer wieder verwickelten.
Seit den 1990er Jahren wirkte Banks als Schauspieler in vielen Kinofilmen mit, die Themen der indianischen Geschichte behandelten. In seinen letzten Jahren arbeitete er als Lehrer an Colleges, die von jungen amerikanischen Ureinwohnern besucht werden, und gab seine Erfahrungen an sie weiter. In der Nacht des 29. Oktober schloss Dennis Banks vom Stamm der Ojibwe in der Leach Lake Reservation im Norden Minnesotas seine Augen für immer auf dem Flecken Erde, wo er 80 Winter zuvor das Licht der Welt erblickt hatte.
Übersetzung: Jürgen Heiser