Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 246 vom 23. Oktober 2017: Bitte HIER klicken![1]
Neue Bilder
Seit die »Black Panther Party for Self-Defense« (BPP) im Oktober 1966 in Oakland, Kalifornien, von Huey P. Newton und Bobby Seale gegründet wurde, gingen atemberaubende Bilder der frühen Phase dieser Organisation der afroamerikanischen Freiheitsbewegung um die Welt. Sie zeigten junge Frauen und Männer, die sich zur Selbstverteidigung oder zum Schutz ihrer Wohnviertel bewaffnet hatten. Diese Fotos brachen mit alten Sehgewohnheiten und vermittelten einen neuen Blick auf die schwarze Bevölkerung Nordamerikas. Bis zu dem Zeitpunkt hatten wir ausschließlich Schwarze zu sehen bekommen, die beteten, marschierten, über ihre Lebensverhältnisse wehklagten oder brutalen Angriffen der bewaffneten Staatsmacht ausgesetzt waren.
Der veränderte Blick auf Schwarze in den USA war Ergebnis des planvollen Vorgehens von Huey Newton, der genau wusste, wie die Art der medialen Darstellung von Menschen und gesellschaftlichen Verhältnissen das öffentliche Bewusstsein prägte. Deshalb trafen vor allem die Bilder einer Demonstration der Panthers in Sacramento, der Hauptstadt des US-Bundesstaats Kalifornien, die manipulierte Öffentlichkeit wie ein Donnerschlag. An jenem 2. Mai 1967 führte Bobby Seale eine Gruppe von zwei Dutzend Black Panthers an, die mit Gewehren und Revolvern bewaffnet das Gebäude des State Capitol betraten. Mit ihrer Aktion wollten sie gegen ein neues Gesetz demonstrieren, das dort gerade von den versammelten Abgeordneten beraten wurde. Zu dieser Zeit war es in Kalifornien jedem Bürger erlaubt, eine Waffe bei sich zu haben, sofern sie offen getragen und nicht verborgen wurde. Die neue Gesetzesinitiative sah vor, dieses Recht abzuschaffen. Zehn der Panthers schafften es noch, bis zum Plenarsaal vorzudringen, wurden dann aber von der Polizei aufgehalten und entwaffnet. Allerdings mussten sie nach kurzer Befragung wieder freigelassen werden. Sie erhielten auch ihre Waffen zurück, weil sie völlig legal gehandelt hatten und ihnen nichts vorgeworfen werden konnte.
Vor dem Gebäude gab Bobby Seale eine Erklärung ab: »Die ›Black Panther Party for Self-Defense‹ ruft das amerikanische Volk im allgemeinen und das schwarze Volk im besonderen dazu auf, wachsam zu sein gegenüber der rassistischen Legislative Kaliforniens, die dabei ist, ein Gesetz zu verabschieden, mit dem Schwarze just zu dem Zeitpunkt entwaffnet und weiterhin machtlos gehalten werden sollen, in dem rassistische Polizeibehörden im ganzen Land ihren brutalen Terror gegen die schwarze Bevölkerung intensivieren und mit Mord und Repression gegen sie vorgehen.«
Die Ereignisse von Sacramento haben wahrscheinlich mehr als alle anderen dafür gesorgt, dass Millionen von Menschen von der Existenz der BPP erfuhren. In dieser frühen Phase der Partei trieb die Aktion ihr organisatorisches Wachstum an und wurde ein Durchbruch, weil sich Zehntausende junge Schwarze von der Partei angezogen fühlten. Sacramento markierte einen bedeutenden Schritt in der Entwicklung der schwarzen Freiheitsbewegung als eine aus der Bürgerrechtsbewegung hervorgegangenen unverwechselbaren politischen Formation.
Die BPP war Ausdruck des politischen Bewusstseins, das dem tiefen Empfinden vieler Schwarzer entsprach, und es bedurfte einer ungeheuerlichen staatliche Repressionen, diesen Willen zum Handeln zu zerschlagen. Am klarsten spiegelte sich das vielleicht in der Ermordung des Black Panthers Fred Hampton wider, der am 4. Dezember 1969 in Chicago bei einer nächtlichen Polizeirazzia gezielt im Schlaf erschossen wurde. Das waren die Vereinigten Staaten von Amerika in Aktion. Dieser Mordanschlag war eine Reaktion auf das Erstarken der schwarzen Freiheitsbewegung, mit dem das sogenannte Land der Freien sein wahres Gesicht zeigte.
Übersetzung: Jürgen Heiser