Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 118 vom 22 Mai 2017: Bitte HIER klicken![1]
Rock the vote
Es ist nicht schwer, die offizielle Politik zu verdammen, weil sie ein schmutziges, verdächtiges und generell eher schmieriges Geschäft ist. Es sagt schon alles über dieses Metier, dass durchschnittliche Politiker heute von sich behaupten, sie seien gar keine! Bei radikalen Aktivisten und Revolutionären steht Politik deshalb in dem Ruf, unsauber oder gar verdorben zu sein.
Aber auch Revolutionäre sind keine Heiligen. Die Verhältnisse bringen sie oft dazu, Grenzlinien zu überschreiten, die sie selbst einmal gezogen hatten. So zum Beispiel als der Mitbegründer der Black Panther Party (BPP), Huey P. Newton, der zuvor die Meinung vertreten hatte, die BPP werde sich niemals an bürgerlichen Wahlen beteiligen, schon wenige Jahre später für den US-Kongress kandidierte. Bei einigen anderen Panthers lief das ähnlich. So kandidierte Eldridge Cleaver sogar für das Amt des US-Präsidenten, und auch Elaine Brown und Bobby Seale, der mit Newton die BPP gegründet hatte, beteiligten sich an Wahlen.
Im Graterford Prison – dem schlimmsten »Konzentrationslager für Schwarze« in Pennsylvania – war es nur einem Kandidaten für das Amt des Bezirksstaatsanwalts erlaubt, das Gefängnis zu besuchen und bei den Gefangenen auf Stimmenfang zu gehen. Dazu muss man wissen, dass Häftlinge in Pennsylvania zwar selbst kein Wahlrecht haben, aber sie reden über den Kandidaten mit ihren Angehörigen, die bei den Wahlen ihre Stimmen abgeben können.
Warum dürfen sich nicht alle Kandidaten bei den Gefängnisinsassen vorstellen? Wie kann es sein, dass die Zugehörigkeit zu einer Religion oder die ethnische Herkunft als Gründe dafür herhalten müssen, bestimmte Kandidaten davon auszuschließen, um Stimmen zu werben? Als Antwort kann natürlich nur gelten, dass das nicht so sein dürfte. Punkt.
Die offizielle staatliche Politik ist eben doch ein wahrhaft schmutziges Geschäft. Aber wenn sich Leute engagieren und für eine gute Sache einsetzen, dann können sie Veränderungen bewirken. Das zeigte sich, als es den Mitgliedern der Bewegung »Black Lives Matter« gelang, mit Kampagnen zu bewirken, dass einige Bezirksstaatsanwälte abgewählt wurden, denen die Bedenken ihrer afroamerikanischen Wähler angesichts der Masseninhaftierungen egal waren und die in keiner Weise auf deren Bedürfnisse eingingen.
Frederick Douglass, einer der größten Anführer der afroamerikanischen Freiheitsbewegung, sagte einmal: »Die Mächtigen gewähren nichts freiwillig, was nicht von ihnen gefordert wird. Das war schon immer so und wird immer so sein«. Heute müssen wir als Douglass’ Nachfahren diejenigen sein, die Forderungen aufstellen. Revolutionäre müssen jede Gelegenheit nutzen, Ansprüche zu stellen, die zu wirklichen gesellschaftlichen Veränderungen führen können. Das gilt auch für den Wahlkampf, in dem es darum geht, wer der neue Bezirksstaatsanwalt von Philadelphia wird. »Rock the Vote!« – Rockt den Wahlkampf!
Übersetzung: Jürgen Heiser