Chelsea Manning: Für das Recht auf Information

21.05.16 (von ivk-jw) USA: Whistleblowerin will Hafturteil anfechten. Kaum Aussicht auf Begnadigung. Trump droht Geheimnisverrätern mit »Exekution«

Link zum Artikel in junge Welt Nr. 117 vom 21./22. Mai 2016: Bitte HIER klicken![1]

Für das Recht auf Information
Die Whistleblowerin Chelsea Manning hat am Mittwoch Berufung gegen ihre Verurteilung nach dem Spionagegesetz eingelegt. Im August 2013 war Manning von einem Militärgericht in Fort Meade (Maryland) wegen Enthüllungen von US-Kriegsverbrechen in Afghanistan und im Irak zu 35 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Die 2010 als Nachrichtenanalystin des US-Militärs im Irak eingesetzte Gefreite hatte mehr als 700.000 Geheimdokumente aus Armeearchiven sowie Depeschen des US-Außenministeriums an die Enthüllungsplattform Wikileaks weitergeleitet. Deren Veröffentlichung hatte die US-Regierung international in große Erklärungsnot gebracht.
Die Verteidigung reichte nun beim zuständigen Militärgericht Fort Belvoir in Fairfax (Virginia) die umfangreiche Begründung des Berufungsantrages ein. Bevor der Text veröffentlicht werden kann, will das Militärgericht überprüfen, inwieweit darin als geheim einzustufende Informationen enthalten sind. Nach Einschätzung des Chelsea-Manning-Solidaritätskomitees verfolgt die Verteidigung vorrangig das Ziel, die hohe Strafe gegen ihre Mandantin deutlich zu reduzieren. Die New York Times, in der die inkriminierten Wikileaks-Enthüllungen selbst abgedruckt worden waren, hatte die gegen Manning ausgesprochenen 35 Jahre Gefängnis in einem Leitkommentar unmittelbar nach dem Urteilsspruch als »exzessiv« bezeichnet. Da Manning vor Gericht erklärt hatte, sie habe nicht »ihr Land verraten« wollen, sondern zur Debatte über die amerikanischen Ziele ermutigen und Licht auf die Alltagsrealitäten der Kriegführung werfen« wollen, sei die Strafe »in jeder Beziehung viel zu lang«.
Das Berufungsgericht kann nach einer Beratung über den Antrag die Einwände der Verteidigung entweder zurückweisen, einen neuen Prozess ansetzen oder das Strafmaß per Beschluss ändern. Anlässlich der Verleihung des von der britischen Menschenrechtsorganisation Blueprint for Free Speech ausgelobten Preises für Whistleblower hatte Manning in einer schriftlich übermittelten Dankesrede am 9. Mai erklärt, sie kämpfe weiter und »werde noch in diesem Monat gegen Urteil und Strafmaß des Militärgerichts« angehen. Sie wolle weiterhin »die Welt vor dem gefährlichen Trend warnen, dass jemand mit Geld oder Macht darüber entscheidet, zu welchen Informationen man Zugang bekommen darf«. Außerdem kämpfe sie dafür, »die gesamten Ermittlungsakten des FBI an die Öffentlichkeit zu bringen«. Außerdem wolle sie erreichen, ihr Haar »über die militärische Standardlänge von fünf Zentimetern für männliche Soldaten hinaus wachsen lassen zu können«.
Chelsea Manning hatte nach ihrem Prozess noch unter ihrem früheren Namen Bradley Manning erklärt, sie wolle fortan als Frau leben und strebe eine Geschlechtsumwandlung an. Ein US-Zivilgericht hatte auf ihren Antrag hin die neue Geschlechtsidentität samt neuem Vornamen amtlich bestätigt. Seitdem ringen Mannings Anwälte mit dem Pentagon um die Genehmigung einer Hormonbehandlung und um einer weiblichen Gefangenen angemessene Haftbedingungen.
Die Anwälte hatten sich bereits 2013 mit einem Gnadengesuch an US-Präsident Barack Obama gewandt, der die nach Bundesgesetz verurteilte Gefangene zum Ende seiner Amtszeit im Januar 2017 freilassen könnte. Anzeichen dafür gibt es jedoch keine. Im Gegenteil strengte das Weiße Haus unter Obama so viele Strafverfahren gegen Whistleblower an wie keine US-Regierung zuvor.
Hillary Clinton, die sich als mögliche Nachfolgerin Obamas sieht und als damalige US-Außenministerin von Mannings Enthüllungen betroffen war, scheint auch in dieser Frage in Obamas Fußstapfen treten zu wollen. Zum Fall Manning befragt, sagte sie laut CBS News Ende 2015, sie werde »weiterhin notwendige Schritte unternehmen, sicherheitsrelevante Informationen zu schützen«. Der Republikaner Donald Trump äußerte sich nicht direkt zu Manning, findet jedoch laut Huffington Post erwartungsgemäß, dass Whistleblower wie Edward Snowden »üble Typen« seien, für die es »immer noch eine Sache namens Exekution« gebe.


Links im Artikel: 1
[1] https://www.jungewelt.de/2016/05-21/026.php

Ausdruck von: http://freedom-now.de/news/artikel1399.html
Stand: 28.03.2024 um 14:33:11 Uhr