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Rechte Miliz macht mobil
Von Jürgen Heiser
Die bewaffnete Besetzung eines unter Aufsicht von US-Bundesbehörden stehenden Naturschutzparks durch Mitglieder einer Miliz in Oregon hat erneut die Problematik »patriotischer Bürgerwehren« ins öffentliche Bewusstsein gebracht. Wie die in dem Bundesstaat agierende rechte Gruppierung »Citizens for Constitutional Freedom« geben sich diese bewaffneten Banden den Anschein, als seien sie gezwungen, die verfassungsmäßigen Freiheiten gegen die Regierung in Washington zu verteidigen. Dabei geht es diesen Kräften oft um das Recht auf ungehinderten Waffenbesitz, den US-Präsident Barack Obama gerade antasten will.
Anlass für das Auftreten der Miliz »Citizens for Constitutional Freedom« in Oregon war jedoch der Machtkampf der »Patrioten« mit Washington um Fragen von Landbesitz und Steuerzahlungen. Die Besetzung des »Malheur National Wildlife Refuge« seit Sonntag sollte zunächst vor allem zwei ins Gefängnis gesteckte militante Rancher des Dorfes Burns unterstützen. Sie hatten Brände gelegt, durch die auch in Bundesbesitz befindliches Land in Mitleidenschaft gezogen worden war.
Anführer der Besetzung sind die Brüder Ammon und Ryan Bundy, Söhne von Cliven Bundy, einem Rancher aus Nevada, der sich jahrelang geweigert hatte, Pacht für das Grasen seiner Rinder auf Bundesland zu zahlen. 2014 war es zu einer bewaffneten Konfrontation mit Bundesbeamten gekommen, die den Viehbestand der Bundys beschlagnahmten. Auch hier war es eine bewaffnete Bürgerwehr, die einen Rückzug der »Federal Rangers« und die Herausgabe des Viehs erzwang, ohne dass dafür jemand strafrechtlich verfolgt wurde.
Heidi Beirich, Leiterin eines Forschungsprojekts des in Montgomery, Alabama, ansässigen »Southern Poverty Law Center« (SPLC) über diese Milizen, sieht darin eine indirekte Ermutigung der Bürgerwehren. Das sei auch der Grund, warum die Besetzer des Naturschutzparks nahe Burns nicht nur die Freilassung der beiden verhafteten Rancher fordern, sondern auch die »Rückgabe« des Landes, auf dem sich der Park befindet, an die dort lebenden weißen Rancher. Der Verzicht der Bundesbehörden, das Recht durchzusetzen, habe dieser »ganzen Bewegung Auftrieb gegeben«, so Beirich.
Ähnlich wie auch in Europa extrem rechte und offen faschistische Kräfte gern als »besorgte Bürger« deklariert werden und strafrechtlich unbehelligt bleiben, werden auch in den USA die militärisch organisierten Milizen eher wie »Wutbürger« behandelt. Sie verfügen jedoch über ein gut organisiertes Netzwerk aus Kräften am rechten Rand der Republikaner und deren Teaparty-Bewegung, aus religiösen Rechten sowie faschistischen und rassistischen Organisationen. Sie eint eine verquaste Ideologie des weißen Siedlertums, weswegen sie für sich in Anspruch nehmen, die »wahren Amerikaner« zu sein.
Nicht zufällig haben diese Gruppierungen regen Zulauf, seit mit Obama das erste Mal in der Geschichte der USA ein Schwarzer zum Präsidenten gewählt wurde. Eine aktuelle Untersuchung des SPLC ergab, dass die Zahl der offen feindselig gegen die US-Regierung ausgerichteten Milizen allein im vergangenen Jahr von 202 auf 276 und damit um 37 Prozent angestiegen ist.
Über die Forderung der Besetzer in Oregon, Washington solle ihnen das Land des Naturschutzparks »zurückgeben«, wunderte sich Jacqueline Keeler, Autorin und Aktivistin der »Dineh und Yankton Dakota Nation«, am Dienstag im Interview des Senders Democracy Now! Denn nicht weiße Rancher, sondern indigene Ureinwohner seien die ursprünglichen Bewohner des Landes gewesen, das jetzt ein Nationalpark ist. »Genau am heutigen 5. Januar jährt es sich zum 137. Mal, dass 500 Paiute jeweils zu zweit aneinander gefesselt von schwerbewaffneten Soldaten in die 300 Meilen entfernte Yakama-Reservation im Bundesstaat Washington zwangsumgesiedelt wurden.« Doch das interessiere die heutigen weißen Siedler ebensowenig wie die damaligen, so Keeler. Die Besetzer jedenfalls erklärten laut New York Times, sie würden »so lange bleiben, bis das öffentliche Land wieder befreit ist«.