Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 271 vom 23. November 2015: Bitte HIER klicken![1]
Geschürte Ängste
Nur Stunden nach den terroristischen Angriffen in Paris stürmten die Gouverneure von 26 US-Bundesstaaten an die Mikrophone und kündigten an, keine Flüchtlinge aus Syrien mehr aufnehmen und sie daran hindern zu wollen, sich in ihren Bundesstaaten niederzulassen. Ist es ein Zufall, dass diese Gouverneure mehrheitlich Republikaner sind? Wohl kaum. Die Republikanische Partei versteht sich am besten darauf, Ängste in der Bevölkerung zur Durchsetzung ihrer eigenen Ziele auszubeuten.
Wie viele US-Bürger sind wohl immer noch davon überzeugt, dass US-Präsident Barack Hussein Obama ein verkappter Muslim ist? Dieses Gerücht haben die Republikaner während des Wahlkampfs 2008 gezielt gestreut. Die aus politischen Motiven geschürten Ängste sitzen seitdem so tief, dass es keine Rolle spielt, wie viele Muslime Obama durch seine Drohnenattacken umbringen ließ und dass er quasi immer mit einer christlichen Bibel unter dem Arm herumläuft. Das Gerücht hält sich weiter. Unglaublich!
Allerdings ist die Panikmache gegen Flüchtlinge kein so neues Phänomen. In den 1920er Jahren wollten Millionen von Einwanderern ein neues Leben in den USA beginnen. Der US-Kongress begrenzte damals jedoch den Zuzug von Afrikanern, Asiaten, Slawen, Juden und Italienern. Die bevorzugten Einwanderer kamen aus Großbritannien und Nordeuropa. Menschen mit dunkler Hautfarbe hingegen hatten sehr hohe Hürden zu überwinden. Schon damals wurde also Politik damit gemacht, Ängste vor unwillkommenen »Fremden« zu schüren. Das ist heute nicht anders.
Ausgerechnet jene Menschen, deren Leib und Leben am meisten von den wahnsinnigen Attacken des IS bedroht ist, sollen von der Einwanderung in die USA ausgeschlossen werden. Sie sind die Hauptopfer von terroristischen Kräften, deren Geburtshelfer die Geheimdienste der USA, Großbritanniens, Pakistans und Saudi-Arabiens waren, und die genauso formiert, bewaffnet, trainiert und indoktriniert wurden wie in den 1980er Jahren die »Mudschaheddin« gegen die sowjetische Präsenz in Afghanistan.
Die Politik der Angst schürt das Feuer unter den Kesseln der Paranoia und bewirkt bei vielen Menschen, dass sich ihr Geist verschließt. Und wie der Krieg gegen Irak gezeigt hat, öffnet diese Politik Tür und Tor zu immer größeren Katastrophen.
Übersetzung: Jürgen Heiser