Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 21 vom 26. Januar 2015: Bitte HIER klicken![1]
Gedenken an Phil Africa
William Phillips wurde am 1. Januar 1956 geboren, aber nur wenige kannten ihn unter diesem Namen. Für die meisten hieß er einfach Phil. Nachdem er sich in den frühen 1970er Jahren der Move-Organisation angeschlossen hatte, nannte er sich Phil Africa.
Am 8. August 1978 befand er sich in einem Move-Haus in Philadelphia, das von der Polizei gestürmt werden sollte. Er wurde so Teil einer Gruppe von einem knappen Dutzend Move-Mitgliedern, die nach der Konfrontation angeklagt wurden, für den Tod eines Polizisten verantwortlich zu sein. Dieser starb zwar höchstwahrscheinlich im »Friendly fire« seiner Kollegen, vor Gericht gestellt wurden jedoch die Move-Mitglieder.
Am Ende gehörte Phil Africa zu den neun Männern und Frauen von Move, die in einem äußerst fragwürdigen Verfahren wegen fahrlässiger Tötung angeklagt wurden. Der Prozess war derart inszeniert, dass der Vorsitzende Richter Edwin Malmed wenige Tage danach in einem Interview eines lokalen Rundfunksenders einräumen musste, dass er »nicht die leiseste Ahnung« hatte – »nicht die leiseste Ahnung« waren wirklich seine eigenen Worte! –, wer den Polizisten getötet hat.
Die Mitglieder der »Move Nine« wurden jeweils zu einer wie Gummi dehnbaren Strafe von 30 bis 100 Jahren Knast verurteilt. Das war die höchste Haftstrafe für fahrlässige Tötung in der Geschichte Pennsylvanias, seitdem es das Delikt dort im Strafgesetz gibt. Berichten zufolge bestätigte Richter Malmed die Widerrechtlichkeit einer solchen Strafe und erklärte gegenüber den Verurteilten, sie hätten die Möglichkeit, das Urteil im Beschwerdeverfahren aufheben zu lassen. Jetzt aber würde er sie damit erst einmal hinter Gitter bringen. Es scheint, dass Malmed die Berufungsgerichte in den USA für fairer hielt als sie sich selbst. Denn Fairness galt offensichtlich nicht für Menschen mit dem Nachnamen Africa.
Heute, fast 37 Jahre nach den Ereignissen von August 1978, ist die Tatsache, dass sieben Männer und Frauen der »Move Nine« immer noch im Gefängnis sitzen, mehr als ein Skandal (Merle Africa verstarb am 13. Mai 1998; jW). Diese Gefangenen hätten schon vor sieben Jahren ihre Freiheit zurückerhalten müssen, als sie ihre Mindeststrafen abgesessen hatten. Aber das ist eben Pennsylvania, wo jeder Irrsinn noch als Normalität durchgeht.
Etwa Mitte der 1970er Jahre hatte Phil einen Sohn verloren, als Polizisten das Kind Life Africa zu Tode trampelten. Sein zweites Kind Little Phil hatte Phil am 13. Mai 1985 verloren, als die Polizei wieder ein Move-Haus stürmen wollte und dazu aus einem Hubschrauber eine Bombe darauf warf. Little Phil war unter den elf Kindern und Erwachsenen, die dabei ums Leben kamen.
Phil war ein äußerst talentierter Künstler und Maler. Er war mit der Gabe der Lockerheit ausgestattet, verfügte über einen geistreichen Humor, und sein Lächeln war allgegenwärtig. Für seine Frau Janine Africa und seine Brüder und Schwestern von Move wird er unvergessen bleiben und von ihnen auf ewig geliebt werden. Auch viele Gefangene in Pennsylvania, denen er über die Jahre mit Rat und Tat zur Seite stand, werden sich seiner erinnern.
Phil durchlebte 59 Jahreskreisläufe unseres Planeten, bevor er am 10. Januar 2015 zu Mutter Erde zurückkehrte.
Weitere Informationen unter http://onamove.com/[2]
Übersetzung: Jürgen Heiser