Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 266 – 17. November 2014 / Link zum Artikel in junge Welt - Bitte HIER klicken![1]
Gerechtigkeit für die »Dallas Six«
Wer von den »Dallas Six« hört, könnte annehmen, dass sie aus der Stadt im US-Bundesstaat Texas stammen. Tatsächlich jedoch sind sie Gefangene des Staatsgefängnisses Dallas in Pennsylvania, einem der rund dreißig Gefängnisse, die in den ländlichen Gebieten des Bundesstaates angesiedelt sind. Die sechs jungen Schwarzen stehen jetzt vor Gericht, weil sie im Jahr 2010 versucht hatten, friedlich gegen die Haftbedingungen im »Loch«, dem Isolationstrakt des Dallas-Gefängnisses, zu protestieren.
Zu ihrer spontanen Aktion kam es, nachdem sie Zeugen geworden waren, wie ihr Mitgefangener Isaac Sanchez misshandelt worden war und über Nacht auf einem Folterstuhl festgeschnallt wurde, der im Knast offiziell »Zwangsstuhl« genannt wird. Als die Wärter den sechs protestierenden Gefangenen damit drohten, mit ihnen ebenso zu verfahren, verbarrikadierten diese sich in ihren Zellen und widersetzten sich zu ihrem eigenen Schutz der Aufforderung, freiwillig aus ihren Zellen herauszukommen.
Die Wärter bewaffneten sich daraufhin mit Knüppeln und Elektroschockgeräten und stürmten die Isolationszellen. Sie schlugen die Gefangenen blutig, rissen ihnen die Anstaltsoveralls vom Leib und besprühten die nackten Leiber mit Pfefferspray. Dabei verätzten sie ihnen Augen und Haut. Später gaben die Wärter zu, selbst keine Verletzungen davongetragen zu haben. Wie auch? Sie waren durch Körperpanzer und Helme geschützt. Die Gefangenen nennen diese schwarze Kampfmontur »Star-Wars-Tracht«.
Die Beschwerden und Zivilklagen der Gefangenen gegen die erlittenen Misshandlungen konterte der Bezirksstaatsanwalt mit Strafanzeigen und Anklagen wegen »Meuterei«. Der erste Verhandlungstag in diesen Verfahren gegen die »Dallas Six« fand nun am 10. November 2014 vor dem Geschworenengericht des Luzerne County in Wilkes-Barre, Pennsylvania, statt. Richterin Lesa Gelb folgte dem Antrag eines Verteidigers, der erst kurz zuvor sein Mandant übernommen und noch keine ausreichende Gelegenheit zur Akteneinsicht erhalten hatte, und vertagte das Verfahren auf den 17. Februar 2015.
Die Wärter hatten die »Dallas Six« mit Pfefferspray, Taserwaffen, Elektroschock-Schutzschilden und Schlagstöcken angegriffen – aber es sind die wehrlosen Gefangenen, die wegen »Meuterei« angeklagt wurden! Das alles geschieht übrigens in demselben Gerichtsbezirk, in dem vor Jahren der Skandal enthüllt wurde, dass Richter sich hatten schmieren lassen und Jugendliche wegen Lappalien zu Gefängnisstrafen verurteilten, die dann als billige Arbeitssklaven in der Haft ausgebeutet wurden. Fast zehn Jahre lang hatte niemand diese ungeheuerliche Praxis der Richter angezeigt – nicht einmal die Staatsanwaltschaft.
Zu den »Dallas Six« gehören Andre Jacobs, Anthony Kelley, Carrington Keys, Anthony Locke, Dwayne Peters und Derrick Stanley. Ihnen droht jetzt eine weitere Gefängnisstrafe, weil sie sich geweigert haben, sich der Folter zu unterwerfen. Es sind mehrere Todesfälle von Gefangenen in den USA bekannt, die derart brutal und lang auf dem Folterstuhl fixiert wurden, dass sie erstickten. Sollten sich die »Dallas Six« dem widerstandslos unterwerfen wie Schafe, die zur Schlachtbank geführt werden? Unterstützen wir die »Dallas Six« in ihrem Kampf für ihre Menschenrechte und für Gerechtigkeit!
Übersetzung: Jürgen Heiser
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