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»Calle 13 –Musik und Politik«
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Juan Gonzales: Eine der bekanntesten Bands Puerto Ricos veröffentlichte kürzlich einen neuen Song und wurde dabei von einem außergewöhnlichen Mitarbeiter unterstützt. Am 13. November erschien »Multi Viral«, der neueste Titel von »Calle 13«. Darauf ist die Stimme von Wikileaksgründer Julian Assange zu hören, der sagt »Wir leben in einer Welt, die aus eurer Propaganda besteht. In der ihr euch für stark haltet, aber schwach seid. Eure Lügen erzählen uns die Wahrheit, die wir gegen euch wenden. Euer Geheimhaltungswahn zeigt uns, wo wir zuschlagen müssen. Eure Waffen führen uns allen eure Angst vor Augen. Von Kairo bis Quito entsteht eine neue Ordnung: Die Macht des Volkes, bewaffnet mit der Wahrheit.« Das war ein Auszug dieses neuen Songs, bei dem außer Julian Assange auch Tom Morello von »Rage Against the Machine« und die palästinensische Sängerin Kamilya Jubran mitgewirkt haben.
Amy Goodman: Das ist nicht das erste Mal, daß »Calle 13« ein drängendes politisches Thema aufgreift. 2005 machte die Band Schlagzeilen, als sie nur Stunden nachdem Filiberto Ojeda Ríos, einer der Anführer der puertoricanischen Unabhängigkeitsbewegung, von der US-Bundespolizei FBI erschossen worden war, dazu einen Song herausbrachte. Die Band fordert auch die Freilassung des Unabhängigkeitskämpfers Oscar López Rivera, der schon über 32 Jahre in US-Gefangenschaft sitzt, und hat ihre Stimme gegen Polizeigewalt und geheimdienstliche Ausforschung durch die US-Regierung erhoben. Deshalb sprechen wir nun mit René Pérez, besser bekannt unter dem Namen Residente. Er ist der Sänger und Songschreiber von »Calle 13«. Willkommen bei Democracy Now!
René Pérez: Danke und hallo.
Amy Goodman: Sie nehmen gerade hier in New York ein neues Album auf?
René Pérez: Ja, zusammen mit meinem Bruder. Ich bin gerade erst angekommen. Für mich ist es hier superkalt, aber es gefällt mir trotzdem. Wir bleiben unserer Art von Songs treu und fusionieren mit anderen Musikern. Unser neuer Song unterscheidet sich sehr von den bisherigen. Er handelt von verschiedenen Situationen, den Dingen, die uns umgeben, von politischen Themen, Religion, Sexualität, Party, eben alles.
Amy Goodman: Wie kam es dazu, »Multi Viral« mit Julian Assange zu machen?
René Pérez: Nun, es war ein wenig schwierig, das hinzukriegen. Aber am Ende haben wir es geschafft und ich habe Julian getroffen. Er ist ein echt cooler Typ und sehr nett. Bevor ich ihn besuchte, hatte ich die ganze Presse gelesen, und die schrieben, er sei arrogant ist, aber in Wirklichkeit ist er echt nett. Er war sehr offen für eine Zusammenarbeit mit uns. Also machten wir uns in der ecuadorianischen Botschaft, in der Julian seit Juni 2012 politisches Asyl genießt, ans Werk. Zuerst haben wir eine Menge Leute interviewt, und dann haben wir auf der Basis ihrer Antworten den Song geschrieben. Konkret habe ich den Leuten E-Mails geschickt, und die haben uns darauf ein paar Worte zurückgeschrieben. Die habe ich dann wie ein Puzzle zusammengesetzt, um den Song zu bauen. Am Ende war der Text so etwas wie die Stimmen aus dem Volk. Deshalb steht der Song auch frei zum Herunterladen im Netz, weil er fürs Volk ist.
Juan Gonzales: Ihre Band hat einen erstaunlichen Aufstieg hingelegt was die Popularität betrifft, die Sie in kurzer Zeit erreicht haben. Aber Sie haben von Anfang an sehr politische Songs gemacht. Warum hielten Sie das für notwendig?
René Pérez: Das lag nahe. Ich bin umgeben von Politik. Zunächst mal komme ich aus Puerto Rico, wir sind eine Kolonie der USA, da ist man sowieso schnell mitten drin in der Politik. Deshalb hieß unser erster Song auch »Querido F.B.I.«, also »Liebes F.B.I.«. Im Text geht es darum, daß die US-Bundespolizei Filiberto Ojeda Ríos umgebracht hat. Das fand ich so daneben, so ungerecht, und da hab ich das einfach so runtergeschrieben. Ganz entscheidend ist für uns als Gruppe die Mischung. Wir hatten zuvor »Atrévete« (dt. »Trau dich«) gemacht, das ist einfach ein Lied, das gute Laune macht, und dann haben wir »Querido F.B.I.« rausgebracht. Weil wir auf diese Weise eine Balance halten, stecken uns die Leute nicht in eine bestimmte Schublade.
Juan Gonzales: Sie nennen sich selbst »Residente« (dt. Anwohner), und ihr Bruder heißt »Visitante« (dt. Besucher). Können Sie uns erklären, warum Sie sich diese Namen zugelegt haben? Und für Leute, die nicht wissen, wie das Leben in Puerto Rico läuft, erklären, wie sie entstanden sind?
René Pérez: Das fing eigentlich mit einem Scherz an. Wir alberten herum und gingen zu der Zeit ja auch nicht davon aus, daß »Calle 13« eine große Sache würde. Wir wohnten damals in der Calle 13, also der 13. Straße, und jedesmal, wenn wir um die Häuser ziehen wollten, mußten wir unsere Namen sagen, also »Residente Calle 13« (dt. Anwohner der 13. Straße) oder »Visitante Calle 13« (dt. Besucher der 13. Straße).
Juan Gonzales: Das mußten Sie tun, weil es in Puerto Rico wegen der Kriminalität so viele von Sicherheitsdiensten bewachte Wohngebiete mit Ein- und Ausgangskontrolle gibt, richtig?
René Pérez: Ja, es gab viele Raubüberfälle und tätliche Angriffe. Deshalb mußten wir am Zugang zum Wohngebiet immer unsere Namen sagen.
Juan Gonzales: So wurde aus Ihnen also »Residente« und aus Ihrem Bruder »Visitante«?
René Pérez: Ja, unsere Eltern sind geschieden, und mein Bruder kam immer am Wochenende zu Besuch.
Amy Goodman: Ich würde gern noch mal auf Filiberto Ojeda Ríos zurückkommen. Er war die führende Figur des Kampfes um die Unabhängigkeit Puerto Ricos und gegen die US-Kolonialherrschaft, der vom FBI seit 1983 wegen seiner Rolle bei einem Überfall auf eine Geldtransportfirma gesucht wurde. 2005 erschossen ihn FBI-Agenten in Puerto Rico, nachdem sie das Haus, in dem er wohnte, umzingelt hatten. Die Autopsie ergab, daß der 72jährige Filiberto Ojeda Ríos von einer einzigen Kugel getroffen worden war und verblutete, weil die Polizisten noch Stunden warteten, bis sie in das Haus eindrangen. Ursprünglich hatte Ojeda Ríos das »Movimiento Independentista Revolucionario Armado« (MIRA) (dt. Bewaffnete Revolutionäre Unabhängigkeitsbewegung) gegründet, später dann die Ejército Popular Boricua (dt. Volksarmee Boricua), genannt »Los Macheteros«. Was hat Sie an diesen Ereignissen so inspiriert, daß Sie daraus den Song »Dear F.B.I.« machten?
René Pérez: Zunächst empfand ich nur Trauer. Auch deshalb, weil der Tag, an dem das FBI Filiberto umbrachte, der einzige Tag ist, den wir als unseren »Tag der Freiheit« feiern. An diesem denkwürdigen Tag unserer Geschichte als Puertoricaner waren wir wenigstens für acht Stunden einmal frei. (Jährlich begeht die Unabhängigkeitsbewegung am 23. September den »Grito de Lares«, den »Aufschrei von Lares«, zum Gedenken an den Aufstand gegen die spanische Kolonialmacht im Ort Lares am 23.9.1868; Anm.d.Übers.) Die haben Filiberto genau an unserem Feiertag erschossen, um uns damit eine Botschaft zu schicken: Da habt ihr euren Acht-Stunden-Freiheitstag; wir legen ihn genau an dem Tag um! Aber wen kümmerte das? Viele glaubten der Propaganda, daß da ein »Terrorist« erschossen wurde. Das ging mir an die Nieren. Deshalb habe ich noch am selben Tag den Song geschrieben und ihn bei Indymedia Puerto Rico gepostet. Das Problem war, daß wir parallel »Atrévete« gemacht hatten und kurz davor standen, einen Vertrag mit einem Independent Label zu unterzeichnen. Die vom Label haben dann plötzlich kalte Füße gekriegt, weil in Puerto Rico normalerweise niemand so etwas öffentlich anspricht. Wenn du dich nämlich traust, offen über die Unabhängigkeit Puerto Ricos zu reden, dann gehörst du zu einer Minderheit und kriegst den Wind von vorn. Aber diesmal war es anders, weil die Leute den Song mochten. Es war das erste Mal, daß die Leute im barrio... – ich weiß nicht, wie man das auf Englisch sagt...
Amy Goodman: Im Stadtteil, im Kiez.
René Pérez: Ja, im Kiez fingen die Leute damals an, sich solche Songs anzuhören. Darüber war ich sehr froh.
Juan Gonzales: Wir haben vor diesem Gespräch über den Bericht der »American Civil Liberties Union« (ACLU) zur Brutalität der Polizei in Puerto Rico berichtet. Das war auch Thema einiger ihrer Songs. Können Sie uns etwas über die Polizei in Puerto Rico und ihr Verhältnis zur Bevölkerung, vor allem in den Wohngebieten der ärmeren Bevölkerung, erzählen?
René Pérez: Wie überall gibt auch bei uns gute und schlechte Cops. Unter meinen Freunden sind auch ein paar Polizisten. Ich wollte damals aber einen Song über die Polizeibrutalität schreiben, weil einer meiner besten Freunde von der Polizei totgeprügelt worden war. Wir haben den Song dann vor dem wichtigsten Polizeirevier gespielt. Wir wollten damit keinen Ärger machen, sondern den Leuten klarmachen, was in diesen Revieren passiert.
Amy Goodman: Es wurde in den letzten Monaten viel über Dokumente berichtet, die der NSA-Whistleblower Edward Snowden veröffentlicht hat. Daraus geht auch hervor, daß die NSA und die CIA die nahe der puertoricanischen Hauptstadt San Juan gelegene US-Marinebasis Sabana Seca (inzwischen geschlossen; Anm.d.Übers.) zu einer gemeinsamen Operation nutzten, mit der die Satellitenkommunikation mit anderen NSA-Teams in Brasilien, Bogotá, Caracas, Mexico City und Panama City überwacht wurde. Sie haben sich sehr engagiert in der Unterstützung von Snowden, beispielsweise haben Sie gerade einen Tweet losgeschickt, daß Sie einen Prominenten suchen, der kostenlos einen Jet zur Verfügung stellt, mit dem Sie Edward Snowden gern ins Asyl nach Lateinamerika bringen würden. Warum ist Ihnen das wichtig? Und wie finden Sie es, daß die USA Puerto Rico als Basis für ihre Spionage nutzen?
René Pérez: Als Puertoricaner schäme ich mich deshalb. Ich will nicht, daß die USA uns als Spionagebasis mißbrauchen. Die haben auch Präsident Nicolás Maduro von Venezuela die Überflugrechte verweigert, als er mit seiner Maschine über Puerto Rico fliegen wollte. Zuvor hatten sie ja schon den bolivianischen Präsidenten Evo Morales nicht landen lassen.
Amy Goodman: Als Morales von der OPEC-Konferenz in Rußland zurückfliegen wollte, zwangen sie seine Maschine in Wien zur Landung, weil sie dachten, er hätte Edward Snowden an Bord.
René Pérez: Ja, und genau wegen alledem hab ich den Tweet verschickt, denn wenn ich die Möglichkeit hätte, Snowden zu helfen, dann würde ich das tun. Ich halte das, was er macht, für sehr wichtig. Ich bin ein normaler Typ und weiß nicht alles, aber von dem her was ich weiß, muß ich etwas dafür tun, daß sich die Dinge ändern. Und das müssen wir in ganz Lateinamerika schaffen. Ich kann das unterstützen, indem ich mit meinen Songs diese Inhalte aus dem Englischen ins Spanische transportiere. Auch in Puerto Rico hat Edward Snowden viele Unterstützer.
Juan Gonzales: Sie sind in ganz Lateinamerika mit »Calle 13« in zunehmendem Maße auf Tour, und Ihre Songs haben überall viele Fans gefunden. Wie stark ist der Einfluß der sozialen Bewegungen in Lateinamerika auf Ihre Arbeit?
René Pérez: Lateinamerika ist ein sehr rühriger Kontinent, was Bewegungen und Militante betrifft. Sagen Sie das so, »Militante«?
Juan Gonzales: Ja, Militante.
René Pérez: Pardon, mein Englisch ist nicht so gut. Ich spreche eben viel besser Spanisch. Also, In Lateinamerika gibt es starke Bewegungen der Studierenden. In Chile zum Beispiel ist sie ungeheuer stark, und diese Bewegungen breiten sich aus. In Kolumbien haben Tausende Studierende gegen die Hochschulreform gestreikt (die durch den Streik an 30 öffentlichen und 17 Privatunis im November 2011 gekippt wurde; Anm.d.Übers.) Und dann ging es auch in Argentinien los und setzte sich in vielen Ländern fort. Ich fühle mich großartig, weil sich in Lateinamerika alles so rasant entwickelt.
Amy Goodman: René, Ihre Band »Calle 13« hat 19 Latin Grammys gewonnen und damit mehr als jede andere lateinamerikanische Musikgruppe. Auch zwei Grammy Awards wurden Ihnen verliehen. Wird Ihnen Druck gemacht, sich nicht mehr so politisch zu äußern, seit Sie in der kommerziellen Welt Erfolg haben?
René Pérez: Manchmal, aber ich mache einfach, was ich für richtig halte. Wenn etwas falsch läuft und ich das Gefühl habe, etwas dazu sagen zu müssen, dann sage ich es einfach. Manchmal kommen aber auch Fans auf mich zu und machen ein wenig Druck. Sie kommen dann zu mir oder schicken mir E-Mails und sagen: »Rede über dieses Thema, rede über jenes Thema.« Mir kommt das so vor, als wären das Millionen von E-Mails. Aber davon fühle ich mich nicht wirklich unter Druck, wir halten eine gute Ballance. Wir arbeiten mit Tom Morello zusammen, aber eben auch mit Shakira, und so erreichen wir dann auch die Fans von Shakira.
Juan Gonzales: Sie sind so populär geworden, daß sie vor ein paar Jahren sogar der Gouverneur Puerto Ricos, Aníbal Acevedo Vilá, der ja im Gegensatz zu Ihnen für den Kolonialstatus Puerto Ricos ist, eingeladen hat, in seinem Amtssitz La Fortaleza zu spielen. Als Grund gab er an, daß seine Kinder dauernd die Musik von «Calle 13« hören.
René Pérez: Das passierte bevor wir in Puerto Rico jahrelanger Zensur unterlagen. Sein Nachfolger, Gouvernor Luis Guillermo Fortuño, und der Bürgermeister von San Juan sorgten dann dafür, daß wir in der Hauptstadt, wo für uns die wichtigste Szene ist, nicht mehr auftreten durften.
Amy Goodman: Weil?
René Pérez: Weil ich auf der Verleihung der MTV Awards (am 15. Oktober 2009, wo »Calle 13« als »Beste urbane Künstler« ausgezeichnet wurden und Pérez als Moderator fungierte; Anm.d.Übers.) offen meine Meinung gesagt habe. Ich habe ein paar ganz schön schlimme Worte über Fortuño vom Stapel gelassen. Vor allem wollte ich die Aufmerksamkeit auf einen großen Streik im öffentlichen Dienst lenken, der an dem Tag wegen drohender Massenentlassungen begonnen hatte. Fortuño sammelte zu der Zeit Stimmen für seine Wiederwahl und versprach, niemanden zu feuern, aber am Ende hat er dann doch 60000 Leute entlassen. Bei MTV wollte ich einfach die Gelegenheit nutzen, dazu etwas zu sagen. Darauf folgte jahrelange Zensur. Aber im letzten Jahr sind wir wieder in San Juan aufgetreten, und es war großartig.
Amy Goodman: Auf ihrem aktuellsten Song mit Julian Assange und Tom Morello wird Spanisch, Englisch und Arabisch gesungen. Wie kam es zu dieser Mischung der Sprachen?
René Pérez: Zuerst wußte ich selbst nicht, wie das hinzukriegen wäre. Ich habe lange recherchiert, wer uns dabei unterstützen könnte, ich wollte den Song nicht nur in Spanisch haben. Bei der Recherche stieß ich dann auf Kamilya Jubran, die zwar in Israel lebt, deren Eltern aber Palästinenser sind. Das könnte eine gute Mischung sein, dachte ich. Ihre Stimme fand ich einfach toll. Also nahm ich Kontakt zu ihr auf, und sie war sofort bereit mitzumachen. Ich habe auch ein paar Brocken Französisch im Text untergebracht, es war ein Versuch, so viele Sprachen wie möglich einzubeziehen. Das möchte ich im nächsten Song noch steigern.
Amy Goodman: Wie steht es um die kulturellen und politischen Beziehungen zwischen den USA und Lateinamerika und wohin entwickeln sie sich?
René Pérez: Es gibt Länder wie Venezuela, die ihre Ideale verteidigen und sehr stark sind, sehr starke Länder mit einem großen Zusammengehörigkeitsgefühl. Und dann ist da Brasilien, dessen Regierung solchen Entwicklungen nicht feindlich gegenübersteht, aber die setzen sich dort nicht genauso stark für Veränderungen ein wie die Regierung in Caracas. In Uruguay mit seinem Präsidenten José Mujica vom Linksbündnis Frente Amplio ist das wiederum anders. Das entwickelt sich großartig. Auch in Kolumbien geht es voran. Mexiko hingegen – also nicht seine Bevölkerung, sondern die Regierung – geht mehr in Richtung USA. Aber nahezu jedes andere lateinamerikanische Land steht der Politik der US-Regierung kritisch gegenüber.
Juan Gonzales: Welche Zukunft haben Ihrer Meinung nach die jungen Leute in Puerto Rico? Das Land hat im letzten Jahrzehnt viele Leute verloren. Die wirtschaftliche Situation ist so prekär, daß viel junge Leute die Insel nach dem Collegeabschluß verlassen und in den USA oder anderen Ländern ihr Glück suchen. Wie denken Sie angesichts des ungelösten Problems mit dem Status der Insel über die Zukunft?
René Pérez: Es gib heute eine Menge junge Leute, die sich unserer politischen Situation immer stärker bewußt werden. Aber es gibt auch viele andere, die das leider überhaupt nicht kümmert. Die pennen einfach. Das liegt daran, daß wir seit über hundert Jahren eine Kolonie sind, und was in unseren Schulen über Geschichte vermittelt wird, ist nur die Geschichte der USA. Wir lernen dort nichts über die eigene Geschichte Puerto Ricos, jedenfalls nur sehr wenig. So wird man abhängig gemacht – dependiente. Und genau da liegt das Problem. Wenn wir es schaffen, Puerto Rico mehr und mehr mit dem übrigen Lateinamerika zu verbinden, dann wird auch das junge Puerto Rico aufwachen.
Amy Goodman: Wir danken Ihnen für das Gespräch.
Das hier in deutscher Fassung redaktionell bearbeitete Gespräch erschien zuerst am 15. November 2013 auf http://www.democracynow.org/[3]
Übersetzung: Jürgen Heiser