Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 220 – 21./22. September 2013
Ich habe genau verfolgt, wie man sich in den USA rhetorisch zu einem Krieg gegen Syrien aufgeputscht hat. Dabei fragte ich mich, ob diese Nation oder ihre politische Führung aus dem lähmenden Debakel des Irak-Krieges irgend etwas gelernt hat. Das scheint jedoch bedauerlicherweise nicht der Fall zu sein. Die Politiker lieben nichts mehr, als wenn alle Mikrofone auf sie gerichtet sind. Und die Medien verhalten sich wie Huren, sind ihnen bereitwillig zu Diensten und feuern sie an bei ihrem Treiben. Das war so, als wenn man noch einmal denselben Film gezeigt bekäme, nur daß der Schnitt ein wenig verändert war und die handelnden Personen andere Namen trugen. Statt Saddam Hussein heißt der »Wahnsinnige«, das »Monster«, der »Unmensch« oder »Kriegsverbrecher« in der Neufassung nun Baschar Al-Assad. Aber es ist immer das gleiche alte Spiel: Erst werden sie dämonisiert, und dann bringt man sie um.
Die Bevölkerung der USA war allerdings nicht bereit, diesen neuen Höllentrip mitzumachen. Bei Meinungsumfragen sah sich die US-Regierung plötzlich mit einer bestürzend starken Opposition gegen ihren geplanten Militärschlag gegen Syrien konfrontiert, die laut und deutlich sagte: »Das ist nicht unser Problem!« US-Präsident Barack Obama mußte sogar erleben, wie die Unterstützung seiner demokratischen Parteifreunde bröckelte, nachdem die Medien schon zu einem Krieg eingerückt waren, den sie von ihren Computerbildschirmen aus führen wollten. Der frühere US-Präsident Herbert Hoover (1929–33) hat dazu einmal treffend gesagt: »Ältere Herren erklären den Krieg. Aber es ist die Jugend, die kämpfen und sterben muß.«
Der Irak-Krieg wurde schon vor einiger Zeit offiziell für beendet erklärt und ist deshalb so interessant wie die Zeitung von gestern. Vorbei und vergessen sind Gemetzel, Lügen, Verluste, Schmerz und Tod. Gerade der Irak-Krieg sollte aber als Vorzeichen gesehen werden, als ernüchternde Warnung vor den Kosten imperialer Arroganz. Aber nichts dergleichen geschieht! Und für Millionen Menschen in anderen Ländern heißt das, daß nun weiter Öl ins Feuer gegossen und der Haß geschürt wird. Das ist genau der Stoff, aus dem künftige Kriege gemacht werden.
Übersetzung: Jürgen Heiser