Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 208 – 7./8. September 2013
US-Präsident Barack Obama, der nach der irrsinnigen Regierungspolitik seines Vorgängers George W. Bush lange Zeit als Kriegsgegner angesehen wurde, hat seine Metamorphose in »Bush III« nun fast gänzlich vollzogen. Sein Kriegsgerede über die Bombardierung Syriens begründet er zwar mit dem Völkerrecht, gleichzeitig ignoriert er aber die Rolle der Vereinten Nationen. Das ist, gelinde gesagt, ein Widerspruch.
Nachdem die ehemals so verläßlichen Briten noch im seichten Wasser aus dem Boot gesprungen sind, hat sich Obama nun dafür entschieden, Zuflucht beim US-Kongreß zu suchen und mit ihm beim neuesten imperialen Abenteuer der USA entweder Ruhm einzuheimsen oder die Schande zu teilen, sollte auch dieser Waffengang wie der Irak-Krieg in einer Katastrophe enden.
Der Bruch des Völkerrechts ist nichts Neues für die Vereinigten Staaten von Amerika. Zum Beispiel in Sachen Folter, die im Gefangenenlager auf dem US-Marinestützpunkt Guantánamo Bay alltägliche Praxis ist. Ganz zu schweigen von den Geheimgefängnissen der CIA in vielen Ländern der Welt. Nicht anders verhält es sich mit dem »größten internationalen Verbrechen« im Sinne des Völkerrechts, wie es ausdrücklich vor dem Nürnberger Kriegsverbrechertribunal verfolgt wurde. Dort wurden die führenden Nazi-Faschisten für ihre Kriegsverbrechen abgeurteilt. Auch laut Charta der Vereinten Nationen ist, wie es im Urteil des Tribunals vom 1. Oktober 1946 heißt, die Entfesselung eines Angriffskrieges »das größte internationale Verbrechen, das sich von anderen Kriegsverbrechen nur dadurch unterscheidet, daß es in sich alle Schrecken vereinigt und anhäuft«.
Dafür steht auch der Irak-Krieg, der alles andere als ein Irrtum war. Er war ein Verbrechen, für das seine Urheber, die einen ungerechten und nach dem Völkerrecht rechtswidrigen Krieg führten, volle Immunität genießen, weil sie ihn für das Imperium führten. Warum wird ihnen nicht der Prozeß gemacht? Weil die Anklagebank offenbar nur für Vertreter afrikanischer oder asiatischer Staaten reserviert ist, für Europäer oder US-Amerikaner dagegen ein Tabu. So ist das Völkerrecht heute zu einem Feigenblatt verkommen, das allerdings zu klein ist, um die damit gerechtfertigten Verbrechen zu verdecken.
Syrien ist in einen gräßlich brutalen Bürgerkrieg verwickelt und kämpft in seinem gegenwärtigen Zustand um sein schieres Überleben. Die USA müßten sich aus diesem Konflikt heraushalten nach all ihren Verbrechen im Irak. Sie haben dieses Land in Schutt und Asche gelegt und in das Leichenhaus der Region verwandelt.
Diese sogenannten humanitären Interventionen sind nichts anderes als Imperialismus unter Einsatz militärischer Gewalt. Und die geht von einem Land aus, das den eigenen Kindern keine Schulbildung und Millionen seiner Bürger kein angemessenes Gesundheitssystem bieten kann. Dessen Machteliten in der Wall Street die größten Gangster überhaupt sind, genauso immun gegen Strafverfolgung wie die Invasoren des Irak und Afghanistans. Und dessen höchstes Parlament, der US-Kongreß, so beliebt ist wie Herpes, weil seine Abgeordneten nur noch hochdotierte Laufburschen der Wall Street sind. Diese Nation steuert jetzt auf einen neuen Krieg zu.
Übersetzung: Jürgen Heiser