Aus: junge Welt Nr. 160 – 13./14. Juli 2013 / Von Jürgen Heiser
In Kalifornien haben Zehntausende Gefangene in den Hochsicherheitsgefängnissen des US-Bundesstaates nach einer zweijährigen Phase von schleppenden Verhandlungen am 8. Juli ihren 2011 unterbrochenen Hungerstreik zur Durchsetzung humaner Haftbedingungen wieder aufgenommen (jW berichtete). Neben der Nahrungsaufnahme verweigern die Inhaftierten auch die Arbeit in den Gefängnisbetrieben. Wie das Aktionsbündnis »Prisoner Hunger Strike Solidarity« (PHSS) in Oakland berichtete, fanden zum Auftakt des Streiks Solidaritätskundgebungen von Menschenrechtsgruppen in acht kalifornischen und kanadischen Städten statt.
Im Juli 2011 hatte der von Häftlingen des Staatsgefängnis Pelican Bay ausgehende Hungerstreik 20 Tage gedauert und war in 13 der 33 Haftanstalten von bis zu 6 600 Gefangenen getragen worden. Nach einem Einlenken der Gefängnisbehörde California Department of Corrections and Rehabilitation (CDCR) war der Streik ausgesetzt worden. Als die Gefängnisbehörde jedoch ihre Zusage, die Haftbedingungen umgehend zu überprüfen, nicht einhielt, wurde er am 26. September 2011 fortgesetzt. Drei Wochen später und angesichts von 12 000 Streikenden veröffentlichte das CDCR ein Memorandum, in dem es für Anfang 2012 eine »umfassende Überprüfung der Haftbedingungen jedes isolierten Gefangenen« zusicherte. Die Streikenden beendeten daraufhin ihre Aktion, um die Umsetzung des Memorandums abzuwarten.
Anfang Juli 2013 sah sich Amnesty International USA jedoch aufgefordert, darauf hinzuweisen, daß die Haftbedingungen sich nicht verbessert, sondern im Gegenteil sogar »erheblich verschlechtert « hätten. Mit Blick auf den erneut drohenden Massenstreik mahnte AI »umfassende Reformen« an. »Über tausend Gefangene« befänden sich »in unbegrenzter Isolation«, wo sie »Tag für Tag 22 bis 24 Stunden in kleinen, oft fensterlosen Zellen« eingesperrt und »grundlegender menschlicher Kontakte beraubt« seien. »Zellen-Checks« fänden alle 30 Minuten statt, auch nachts. Der angekündigte Hungerstreik sei ein »Protest gegen das Versäumnis des CDCR, die vor mehr als einem Jahr versprochenen Reformen durchzuführen, so Amnesty. »Sie hatten angekündigt, den Gefangenen einen Weg aus der Isolation zu bieten«, erklärte Angela Wright, AI-Expertin für US-Hochsicherheitsgefängnisse. »Aber nur ein paar wenige Häftlinge wurden aus den Isolationstrakten verlegt«, so Wright, und die meisten Fälle seien bislang nicht der zugesagten Revision unterzogen worden.
In der Konsequenz befinden sich nun seit dem 8. Juli 30 000 Gefangene in einem unbefristeten Streik. Wie Department- Sprecherin Terry Thornton bestätigte, begannen Gefangene im nordkalifornischen Staatsgefängnis High Desert ihren Streik bereits am 1. Juli. Bislang sind Häftlinge in zwei Dritteln der 33 Staatsgefängnisse und in allen vier Privatgefängnissen am Streik beteiligt. »Trotz der ausgedehnten Arbeitsniederlegungen und Nahrungsverweigerung « gingen die Staatsgefängnisse »ihren Alltagsverrichtungen« nach, so Thornten. Alles liefe »reibungslos« und »ohne besondere Vorkommnisse«. Jules Lobel, Präsident des Center for Constitutional Rights und Anwalt in einer Bundesklage gegen die Isolationshaft, erklärte gegenüber der New York Times, er erwarte einen sehr langen Streik, da die Gefangenen nach ihren bisherigen Erfahrungen nichts unterhalb einer rechtlich bindenden Vereinbarung über sofortige Veränderungen akzeptieren würden.
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