Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 148 – 29./30. Juni 2013
Ralph Poynter, Ehemann der Anwältin und politischen Gefangenen der US-Regierung Lynne Stewart, ist derzeit in einer dringenden Mission unterwegs – er will das Leben seiner Frau retten. Sie ist eine geradezu legendäre Anwältin, die sich während ihrer jahrzehntelangen beruflichen Praxis mit Herz und Verstand und ihrem ganzen juristischen Können für die Unterdrückten und Armen eingesetzt und zahlreiche ihrer militanten Vorkämpfer aus den politischen und sozialen Bewegungen der 1960er und 1970er Jahre und bis heute verteidigt hat.
Die New Yorkerin Lynne Stewart war 2009 verurteilt worden, im Rahmen der Verteidigung eines ihrer Mandanten, des aus Ägypten stammenden erblindeten muslimischen Geistlichen Umar Abd Ar-Rahman, gegen gesetzliche Sondervorschriften verstoßen zu haben, die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 unter dem Namen »Special Administrative Measures« (SAMs) erlassen worden waren. Zuerst war sie zu 28 Monaten Haft, nach dem Berufungsantrag der Staatsanwaltschaft jedoch zu zehn Jahren Gefängnis und dem Entzug ihrer Zulassung als Rechtsanwältin verurteilt worden
Das Problem daran ist jetzt: Lynne Stewart ist 73 Jahre alt und leidet unter fortgeschrittenem Brustkrebs. Vor diesem Hintergrund kommt eine zehnjährige Haftstrafe einer Verurteilung zum Tode gleich. Im Bewußtsein der prekären Situation seiner Frau setzt Ralph Poynter Himmel und Hölle in Bewegung, um sie nach Hause zu holen. Nur dort, im Kreise der Familie, wäre es möglich, ihr eine wirksamere medizinische Behandlung angedeihen zu lassen.
In diesen Tagen hält sich der 79jährige Ralph Poynter deshalb in der US-Hauptstadt Washington D.C. auf und protestiert mit einer zweiwöchigen Mahnwache vor dem Weißen Haus gegen die weitere Inhaftierung seiner Frau. Er will erreichen, daß ihr eine sofortige Haftverschonung gewährt wird, was im Fall einer tödlichen Erkrankung nach dem Gesetz möglich wäre. Nach der ersten Woche der Mahnwache hielten der frühere US-Justizminister Ramsey Clark, der Bürgerrechtsaktivist und Comedian Dick Gregory, die Schriftstellerin Sara Flounders und weiteren Aktivisten am vergangenen Montag eine Pressekonferenz vor dem Federal Bureau of Prisons (BoP), der Bundesbehörde für den Strafvollzug, ab, wo ebenfalls eine Mahnwache stattfindet, um der Forderung nach Haftverschonung für Lynne Stewart Nachdruck zu verleihen. Den Unterstützern von Lynne Stewart ist es mittlerweile gelungen, den früheren südafrikanischen Erzbischof und Menschenrechtsaktivisten Desmond Tutu für ihre Sache gewinnen. Dick Gregory, der die Durchsetzung der Forderung seit über 80 Tagen mit einem Solidaritätsfasten unterstützt, erklärte: »Schließt euch an und fordert mit mir Freiheit für Lynne Stewart. Sie war eine unerschütterliche Advokatin für die Armen und Unterdrückten. Niemand von uns sollte untätig zusehen, wie Lynne leidet und Tag für Tag schwächer wird und schließlich im Gefängnis stirbt.«
Wir alle sollten uns Ralph Poynter, Desmond Tutu und Dick Gregory anschließen und Lynne nach Hause bringen – lebend.
Übersetzung: Jürgen Heiser
Weitere Informationen auf Englisch und Online-Petition: http://lynnestewart.org - Bitte HIER klicken![1]