Kolumne # 652 vom 22.06.2013: Hört Edward Snowden zu!

22.06.13 (von maj) US-Medien einig: Wer das Imperium herausfordert, muß verrückt sein

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 142 – 22./23. Juni 2013

Edward Snowden, der eine Zeitlang für die US-Geheimdienste National Security Agency (NSA) und Central Intelligence Agency (CIA) gearbeitet hat, wird in diesen Tagen von den US-Medien durch den Fleischwolf gedreht. Nach den vorliegenden Meldungen ist Snowden im günstigsten Fall ein »Spinner«, im schlimmsten Fall jedoch ein verhaßter »Landesverräter«. Nach einer Regieanweisung, die gerade für Kriegszeiten bestens geeignet scheint, schießen sich die Medien am liebsten auf die geistige Zurechnungsfähigkeit ihrer Zielobjekte ein. Deshalb stellt man Edward Snowden jetzt quasi in eine Reihe mit Kim Jong Il, Saddam Hussein und Muammar Al-Ghaddafi. Man erklärt ihn zu jemand, der, wenn nicht völlig verrückt, dann doch »nicht ganz bei sich« ist. Ich bin immer wieder erstaunt über diese Taktik, die zu den bevorzugten der Medien des Imperiums gehört.
Wenn es jemand wagt, das Imperium herauszufordern, dann kann er ja nur verrückt sein! Man findet Klatschartikel über Snowdens Freundin, aber keine gründliche Recherche und keine Untersuchung der von ihm gegen die US-Regierung gerichteten Vorwürfe über das ungeheuerliche Ausmaß der Überwachung nationaler und internationaler Kommunikation durch die US-Geheimdienste. Und, was in letzter Konsequenz noch viel unheilvoller ist, nichts über die schiere Machtfülle privater »Contractor«-Firmen wie Booz Allen Hamilton, für deren Hawaii-Niederlassung Snowden von 2009 bis 2013 arbeitete.
Eines der grundlegenden Hauptmerkmale des Irak-Krieges und der Dienste, die darin unterstützend aktiv waren, ist die explosionsartige Ausbreitung der Contractors, die dort für private Sicherheits- und Militärfirmen ihren Dienst im Auftrag der US-Regierung versahen. Der Irak-Krieg mag für das Selbstbild und das Ansehen der USA in der Welt sehr negativ gewesen sein, aber für Geschäftemacher war er eine Goldgrube. Das trifft auch auf Snowdens früheren Arbeitgeber Booz Allen Hamilton zu, eine 1914 in Chicago gegründete Firma, die zu den führenden Technologieberatern der US-Regierung gehört. Sie ist vor allem führend im Beschäftigen ehemaliger Geheimdienstler von NSA und CIA, die für ihre Arbeit fürstliche Gehälter aus der Staatskasse beziehen und ein Leben in Saus und Braus führen. Wenn US-Bürger genau zuhören würden, was Edgar Snowden ihnen zu erzählen hat, und wenn sie sich einen gründlicheren Einblick in die Industrie der Nationalen Sicherheit verschaffen würden, dann könnte sich möglicherweise wirklich etwas ändern. Aber das bleibt noch abzuwarten.

Übersetzung: Jürgen Heiser


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Stand: 23.11.2024 um 14:49:16 Uhr