Aus: junge Welt Nr. 108 – 11./12. Mai 2013 / Von Jürgen Heiser
Wie die New Yorker Amsterdam News am Freitag berichtete, wurde Malcolm Shabazz, Enkel des Menschenrechtsaktivisten El-Hajj Malik El-Shabazz alias Malcolm X (1925–1965), am Donnerstag morgen in Mexiko ermordet. »Im Namen der Familie bestätige ich den tragischen Tod von Malcolm Shabazz, Enkel von Malcolm X«, ließ Terrie M. Williams, eine enge Freundin der Familie, über die mexikanische US-Botschaft verlauten. Williams kündigte eine ausführliche Stellungnahme aus dem Kreis der Familie an. Das US-Außenministerium bestätigte nur »den Tod eines US-Bürgers in Mexiko-Stadt«.
Der unabhängige New Yorker Onlinedienst »Talking Points Memo« (TPM) berichtete, der 28jährige Shabazz sei Opfer eines Raubüberfalls in der mexikanischen Metropole geworden. »Er wurde ermordet«, zitierte TPM Juan Ruiz, Sprecher der kalifornischen Arbeiterorganisation RUMEC (Revolutionary United Mexicans in Combat). »Er war in Mexico City, und ich vermute, er hat sich gegen einen Raub zur Wehr gesetzt, und dann haben sie ihn totgeschlagen und er ist auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben«, so Ruiz. Mehr könne er nicht bestätigen, »alles andere wird im Moment noch untersucht«. RUMEC hat sich in den letzten Jahren im Grenzgebiet zwischen den USA und Mexiko als neue Bewegung mexikanischer Arbeitsmigranten organisiert und betont, stark von Malcolm X inspiriert zu sein.
Wie sein 1965 ermordeter Großvater und Namenspatron war auch Malcolm Shabazz seit vielen Jahren politisch aktiv. »Er unterstützte unsere Organisation«, erklärte Ruiz gegenüber TPM. Shabazz habe sich in der Hauptstadt aufgehalten, um sich mit Miguel Suarez, einem der Anführer von RUMEC, zu treffen. Suarez sei im April aus den USA abgeschoben worden. Shabazz habe dafür sorgen wollen, den Fall in die Medien zu bringen.
Malcolm Shabazz war Sohn von Qubilah, einer der sechs Töchter von Betty Shabazz und ihrem Mann Malcolm. Mit seiner Mutter hatte er in Frankreich, Kalifornien und New York gelebt. Die Ermordung des Vaters bzw. Großvaters im Rahmen einer Verschwörung, in die auch die US-Bundespolizei FBI verwickelt war, ist an der Familie nicht spurlos vorübergegangen. Als zwölfjähriger wurde Malcolm jr. für einen Wohnungsbrand verantwortlich gemacht, bei dem seine Großmutter Betty zu Tode kam. Er erhielt dafür 18 Monate Jugendstrafe. Es folgten Mitgliedschaften in Straßengangs und weitere Haftjahre. 2011 erklärte Shabazz gegenüber der Amsterdam News, er arbeite an einem Buch über seine Erfahrungen. »Mein Leben lang war ich Zielscheibe. Meine Familie steht immer noch im Fadenkreuz.«
Im vergangenen Monat veröffentlichte das iranische Press TV eine Erklärung, in der Shabazz den US-Behörden eine »inhumane Festnahme durch das FBI« vorwarf. Darin beschrieb er, wie er nach einem Besuch in Syrien von der US-Bundespolizei und der New Yorker Polizei verfolgt und belästigt worden sei. Einen Flug nach Teheran zur Teilnahme an einer »Hollywoodism«-Konferenz habe das FBI verhindert, indem es ihn aus dem Flugzeug holte. Shabazz warf den USA vor, »ein Klima für die Ermordung seines Großvaters erzeugt zu haben«. Er selbst sei Ziel von »Terrorismus-Ermittlungen« geworden«.