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Bradley Manning: »Teilsieg der Verteidigung«

12.04.13 (von ivk-jW) USA: Staatsanwaltschaft muß im Fall Bradley Manning Beweise für Anklagevorwurf liefern

Aus: junge Welt Nr. 85 – 12. April 2013 / Von Jürgen Heiser

Im Fall des »Whistleblowers« Bradley Manning hat das zuständige US-Militärgericht der Staatsanwaltschaft am Mittwoch nachmittag (Ortszeit) aufgetragen, Beweise dafür zu liefern, warum Mannings Weitergabe von Dokumenten aus US-Archiven an die Enthüllungsplattform Wiki­leaks den Anklagevorwurf »Unterstützung des Feindes« rechtfertige. Als »Teilsieg der Verteidigung« wertete Nathan Fuller vom »Bradley Manning Support Network« den Beschluß der vorsitzenden Richterin Denise Lind. Nach Einschätzung des Netzwerks ist dieser im Zusammenhang mit der Einlassung des Obergefreiten vom 28. Februar 2013 zu sehen, in der er sich zur Offenlegung der Kriegsprotokolle aus Irak und Afghanistan und des Videomaterials bekannte, das Wikileaks unter dem Titel »Kollateraler Mord« veröffentlicht hat.
Die Staatsanwaltschaft hatte schon im Februar nach Mannings Ausführungen erklärt, sie werde ihre Anklagevorwürfe »Unterstützung des Feindes« nach dem US-Militärgesetz und »Spionage« nach dem Antispionagegesetz von 1917 aufrechterhalten und für Manning lebenslange Haft fordern. Linds Beschluß zwingt nun die Anklage, den Nachweis zu erbringen, Manning habe bei der Weitergabe des Material an Wikileaks »Grund zu der Annahme gehabt, es könnte dazu benutzt werden, den Vereinigten Staaten zu schaden oder einer fremden Nation Vorteile zu verschaffen«, so die rechtliche Bewertung Linds. Die Anklagevertreter versuchten daraufhin per Antrag, die Formulierung »Grund zu der Annahme« aus dem Beschluß streichen zu lassen. Lind lehnte das jedoch ab und argumentierte, »die Beweislast« liege auf Seiten der Staatsanwaltschaft. Diese hätte »ihre Anklage ja auch anders formulieren können«.
Hauptverteidiger David Coombs hielt dagegen, sein Mandant habe in seiner Einlassung deutlich gemacht, daß er Informationen an die Öffentlichkeit gebracht habe, um die »Blutrünstigkeit« der Kriegsführung und das »augenscheinlich kriminelle Handeln« der US-Diplomatie offenzulegen. Sein Mandant sei davon ausgegangen, daß die Veröffentlichung der Depeschen »den Vereinigten Staaten nicht schaden, sondern sie in peinliche Erklärungsnot bringen würde«, um damit in den USA eine Debatte auszulösen, so Coombs.
Das Pentagon baut unterdessen für die am 3. Juni beginnende Hauptverfahren weiterhin auf den unter dem anonymisierten Namen »John Doe« für eine verdeckte Vernehmung vorgesehenen Zeugen. Der Elitesoldat der US-Navy-Seals, der dabei gewesen sein soll, als Osama bin Laden 2011 aufgespürt und getötet wurde, soll Wikileaks und Bradley Manning in die Nähe von Al-Qaida bringen. Er habe, so die Ankläger, bei bin Laden Wikileaks-Material von Manning gefunden. Das Pentagon sieht damit den Tatbestand der »Unterstützung des Feindes« erfüllt.
Am Rande der eigentlich auf drei Tage angesetzten 13. Anhörung, die Richterin Lind überraschend nach einem Tag schloß, kam es im Presse­raum zu einem Eklat. Eine Gerichtssprecherin kündigte an, ab sofort seien in diesem Raum, in den die Anhörungen per Video übertragen werden, für Journalisten Mobiltelefone verboten. »Dieses Medienzentrum ist ein Privileg, kein Gebot. Privilegien können entzogen werden«, so die Militärsprecherin, die sich auf die Verärgerung der Richterin darüber bezog, daß der Originalton der Einlassung Mannings »geleakt« und veröffentlicht worden war. Sollte es noch einen weiteren Verstoß geben, so die Sprecherin weiter, »werden das alle zu spüren bekommen, nicht nur bestimmte Personen!«
Michael Ratner, emeritierter Präsident des »Center for Constitutional Rights« (CCR), nannte die Aussage, die Öffentlichkeit im Prozeß sei ein Privileg, »eine der dümmsten und gefährlichsten«, die er je gehört habe. »Das geziemt sich für eine Diktatur, nicht aber für eine Demokratie« und »setzt der totalen Unfairneß des Verfahrens gegen Manning noch einen drauf«, empörte sich Ratner.
Die Anhörungen werden in nichtöffentlicher Sitzung am 7. Mai und in öffentlichen Sitzungen am 21. Mai fortgesetzt.

 
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