Kolumne # 627 vom 29.12.2012: Ökonomische Kriegsführung
29.12.12 (von maj) Die »Fiskalklippe« dient der Durchsetzung von Kürzungen im Sozialbereich
Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 301 – 29./30. Dezember 2012
Auf allen Fernseh- und Radiokanälen ist jetzt das Wort »Fiskalklippe« zu hören. Häufig wird es mit einem bedrohlichen Unterton gebraucht. Hörer und Zuschauer spüren die künstlich erzeugte Angst, aber hinter dem aufgewirbelten Staub zeigt sich kein klares Bild. Bleibt also die Frage, was die »Fiskalklippe« eigentlich ist.
Diese Wortneuschöpfung ist ein politischer Begriff, den der US-Kongreß für den Moment geschaffen hat, in dem eine Reihe von Gesetzen in Kraft treten, wenn es bis Neujahr nicht zu einem Kompromiß zwischen der Demokratischen und der Republikanischen Partei über die Reduzierung des Haushaltsdefizits kommen sollte. Vordergründig betrachtet soll damit eine Übereinkunft erzwungen werden, in Wahrheit dient die Drohung mit der »Fiskalklippe« jedoch der Erpressung des politischen Gegners. Andernfalls würde es automatisch zu Kürzungen in den Bereichen Verteidigung, Soziales und in weiteren Etats der Regierung kommen.
In der Westernparodie »Blazing Saddles« von Regisseur Mel Brooks schlendert zur Überraschung und zum Entsetzen der weißen Einwohner ein schwarzer Sheriff in die Kleinstadt Rock Ridge. Als sich die Dinge zuspitzen, zieht der Sheriff – gespielt von dem Schauspieler Cleavon Little (1929-92) – seinen 45er Colt, hält ihn sich selbst an den Kopf und fordert die Leute auf zurückzuweichen, sonst werde er abdrücken. Die »Fiskalklippe« ist nichts anderes als diese Szene aus »Blazing Saddles«. Mit dem Unterschied, daß es aktuell um keine Wild-West-Komödie geht.
Larry Holmes, Vorsitzender der Workers World Party, wurde dazu in der Wochenzeitung Workers World vom 13. Dezember 2012 mit der Aussage zitiert, die sogenannte Fiskalklippe sei eine aktuelle politische Erfindung, mit der in den USA ein Sparprogramm für Kürzungen im Sozialbereich durchgesetzt werden soll, damit sich das herrschende eine Prozent noch mehr Geld unter die Nägel reißen kann. Auf einer Konferenz seiner Partei analysierte Holmes den Vorgang wie folgt: »Über die sogenannte Fiskalklippe werden wir noch einiges hören. Sie ist Ausdruck eines weltweiten Sparprogramms, von dem Griechenland, Spanien, Portugal, Irland, Südafrika, ganz Lateinamerika sowie die USA betroffen sind. Aus der Sicht der Kapitalisten geht es darum, ihr System auf dem Rücken der Arbeiter zu flicken. Aus ihren Profiten können sie es jedoch wegen der Überproduktion nicht schaffen, deswegen rücken sie den Arbeitern buchstäblich zu Leibe und stehlen ihnen noch mehr Fleisch für die eigenen Töpfe. Die ›Fiskalklippe‹ ist ein absurdes, irrsinniges Vorhaben der Zerstörung, sozialer Zerstörung. Sie sollte eigentlich ›Endgültige-Krise-des-Kapitalismus-Klippe‹ genannt werden.«
Zusammengefaßt heißt das, hinter der »Fiskalklippe« verbirgt sich eine ökonomische Kriegsführung, die uns als politischer Konflikt zwischen den beiden kapitalistischen Parteien vorgeführt wird. In Wahrheit ist sie aber nichts als ein hausgemachter Zwist zwischen Brüdern.
Übersetzung: Jürgen Heiser
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