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Bradley Manning: Bestrafung schon vor dem Prozeß

08.12.12 (von ivk-jw) Anhörung im Fall Bradley Manning fortgesetzt. Rechtswidrige Behandlung des Angeklagten konstatiert

Aus: junge Welt Nr. 286 – 8./9. Dezember 2012 / Von Jürgen Heiser

Im Fall des mutmaßlichen Wiki­leaks-Informanten Bradley Manning wurde in den USA am Mittwoch die Anhörung fortgesetzt. Auf Ladung der Verteidigung erschien vor dem Militärgericht in Fort Meade, Maryland, der Erste Deckoffizier, Abel Galaviz, als Haftexperte der US-Marine. Seine Vernehmung wurde mit Spannung erwartet, da er die Oberaufsicht über den gesamten Arrest- und Gefängnisbereich der US-Marine führt. Die Quintessenz des mehrstündigen Verhörs stützt die Kritik der Verteidigung an der Rechtswidrigkeit der mittlerweile schon über 900 Tage dauernden Untersuchungshaft ihres Mandanten. Galaviz bestätigte, daß die Verantwortlichen für Mannings Haftbedingungen im Militärgefängnis der Marinebasis Quantico, Virginia, erheblich gegen Vorschriften verstießen.
So wertete Galaviz die besonderen Isolierungsmaßnahmen wegen der angeblichen Selbstmordgefährdung des Obergefreiten Manning als »unangemessen«. Vor allem hätte die militärische Führung des Gefängnisses in Quantico sich nicht über die Hinweise des Militärpsychiaters William Hocter hinwegsetzen dürfen, als dieser im Januar 2011 empfahl, die strenge Isolationshaft zu lockern und den »Suizid-Status« aufzuheben (jW berichtete). Die Fortführung der Maßnahmen entgegen ärztlichem Rat sei ein klarer Verstoß gegen Vorschriften der Marine, so Galaviz.
Unmittelbar verantwortlich dafür war Feldwebel Craig Blenis, der Manning in Quantico als Haftbetreuer zugewiesen war. Blenis hatte über Monate die Verlängerung der strengen Sonderhaftbedingungen Woche für Woche neu angeordnet. Dazu war Blenis selbst schon am letzten Wochenende ausführlich befragt worden. Als Hauptverteidiger David Coombs dem Zeugen Galaviz nun das Ergebnis dieser Vernehmung vorhielt, nannte dieser es »an sich schon problematisch«, daß Blenis den Vorsitz der dreiköpfigen Einstufungskommission innehatte, die Mannings Haftstatus festlegte. Laut Galaviz habe ein Betreuer die Aufgabe, der Kommission Empfehlungen für die Behandlung des Gefangenen an die Hand zu geben, solle ihr aber nicht angehören. Blenis hatte dagegen nach eigener Aussage als Leiter der Kommission Mannings Haftsituation weder mit den anderen beiden Ausschußmitgliedern erörtert noch ihnen ein Mitspracherecht eingeräumt. Er hatte sie lediglich informiert und dann die Fortsetzung der Isolationshaft angeordnet. Als Anwalt Coombs dem Zeugen auch diese Aussage vorhielt, bezeichnete Galaviz das Vorgehen des Betreuers als »unnötige Einflußnahme mittels Befehlsgewalt«.
Anwalt Coombs bat Galaviz abschließend, die Haftbedingungen Mannings mit jenen der »disziplinarischen Absonderung« zu vergleichen, die das US-Militärgesetz ausdrücklich als »Bestrafung durch Isolierung« für befehlswidriges Verhalten von Soldaten vorsehe. Der Haftexperte antwortete, er könne zwischen beiden nur »geringe Unterschiede« erkennen. Womit er den Vorwurf der Verteidigung untermauerte, Manning sei schon vor dem Prozeß faktisch bestraft worden. Auch die nur 20 Minuten Hofgang, die Manning statt der vorgeschriebenen einen Stunde während der ersten sechs Monate in Quantico gewährt wurden, seien »nicht korrekt« gewesen, so Galaviz.
Bis zum 12. Dezember sind noch drei weitere Anhörungstage als die letzten dieses Jahres terminiert. Am 17. Dezember wird Bradley Manning 25 Jahre alt und begeht damit seinen dritten Geburtstag in Haft. Das »Bradley Manning Support Network« nennt auf www.bradleymanning.org die Adresse des »Whistle­blowers« und ruft dazu auf, ihm mit Solidaritätspost zu gratulieren.

 
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