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Schlimmer als im Todestrakt

30.11.12 (von ivk-jw) USA: Haftbedingungen von Bradley Manning im Mittelpunkt von Anhörung

Aus: junge Welt Nr. 279 – 30. November 2012 / Von Jürgen Heiser

In den USA hat am Dienstag vor dem Militärgericht in Fort Meade, Maryland, die zehnte Anhörung gegen den mutmaßlichen Wikileaks-»Whistleblower« Bradley Manning begonnen. An sechs Verhandlungstagen soll es auf Antrag der Verteidigung um die Frage gehen, ob das Verfahren gegen Manning wegen der ungesetzliche Härte seiner Haftbedingungen eingestellt werden muß. Die Isolationshaft sei »schlimmer gewesen als im Todestrakt«, erklärte am Mittwoch Hauptmann Kevin Moore im Zeugenstand zu den Haftbedingungen, denen der Obergefreite Manning nach seiner Verhaftung im Mai 2010 neun Monate lang im Militärgefängnis von Quantico, Virginia, unterlag. Er könne das beurteilen, sagte der Psychiater der US-Armee, denn er habe zu Beginn seiner Berufslaufbahn lange genug im Todestrakt gearbeitet.
Moore und sein Kollege, Hauptmann William Hoctor, sagten übereinstimmend aus, die Leitung des Militärgefängnisses von Quantico habe ihre Empfehlungen ignoriert, die über Manning verhängte Sonderbehandlung wegen angeblicher Selbstmordgefährdung und Selbstverletzung auszusetzen. Hoctor erläuterte, er habe beispielsweise gewarnt, daß die strenge Isolierung und daß Manning nachts seine Kleidung abgeben mußte, diesen unter permanenten Streß gesetzt habe. Manning, mit dem er persönlich gesprochen habe, sei in keiner Weise depressiv oder eine Gefahr für sich gewesen. Deshalb habe Hoctor dringend dazu geraten, die Sonderbehandlung zu beenden und Manning den Kontakt mit anderen Gefangenen und mehr körperliche Bewegung außerhalb der Zelle zu ermöglichen.
Hoctor betonte, er habe all das in seinen wöchentlichen Berichten über Mannings Gesundheitszustand immer wieder vorgebracht, jedoch habe die militärische Führung darauf monatelang ohne ein Wort der Erklärung nicht reagiert. Oberst Robert Oltman, damals für die Sicherheit zuständiger Bataillonskommandeur in Quantico, habe ihm gesagt, »wir machen, was wir für richtig halten«, und ihm befohlen, weiter seine Berichte zu schreiben. Er sei »seit langem nicht mehr derart verärgert gewesen« wie über diese »sinnlose« Behandlung, so Hoctor. Außerdem habe noch nie ein Bataillonskommander so offen gegen seinen fachlichen Rat opponiert und erklärt, die Isolierung »auf unbestimmte Zeit« beizubehalten.
Ob das Risiko in Kauf genommen worden sei, Mannings Gesundheit zu gefährden, wollte Anwalt Coombs von Hoctor wissen. »Ja«, antworte dieser. Die Bedingungen hätten zu »unbeabsichtigten Konsequenzen« führen können, da »jeder seine Grenzen hat«, auch wenn Manning »stabil war«. Wie er denn das Verhalten der Verantwortlichen bezeichnen würde, fragte Coombs den Psychiater. »Gefühllos«, war die knappe Antwort.
Zu diesen Vorgängen von Hauptverteidiger David Coombs befragt, gab Oberst Oltman erwartungsgemäß die Erklärung ab, er habe nur Befehle weitergegeben. Außerdem habe die Führung in Quantico vor allem die Medien im Blick gehabt. Dazu hatte am Dienstag bereits Oberst Daniel Choike als Kommandeur des Marinestützpunkts ausgesagt, es sei darum gegangen, unabhängige Analysen der Haftbedingungen Mannings »auszuschließen oder hinauszuzögern«. Man habe verhindern wollen, daß die Verteidigung solche Berichte in der Presse »ausschlachtet«. Überraschend offen äußerte sich Choike auch über die Rolle des Dreisternegenerals George Flynn, der im Pentagon für Mannings Haft in Quantico verantwortlich war. Flynn sei es primär darum gegangen, schon vor der Presse über alle Veränderungen in Mannings Haftstatus informiert zu werden, um der »Desinformationskampagne einen Schritt voraus zu sein« und die Berichterstattung zu kontrollieren, so Choike.

 
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