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Menschenrechte verteidigen – Todesstrafe abschaffen

15.09.12 (von ivk) Das Internationale Verteidigungskomitee (IVK) bezieht in seinem 50. Newsletter Stellung zr Ausrichtung seiner Arbeit

ES GILT WEITER:
MENSCHENRECHTE VERTEIDIGEN – TODESSTRAFE ABSCHAFFEN!

Das IVK ist aus der über 20-jährigen Bewegung zur Abschaffung der Todesstrafe in der BRD entstanden, in der Mumia Abu-Jamal als Betroffener eine wichtige Rolle gespielt hat. Er hat durch seine Arbeit als Journalist und Autor aus dem Todestrakt heraus maßgeblich zur Ausweitung der Bewegung gegen die Todesstrafe beigetragen.
Wir haben auf Veranstaltungen und in unseren Veröffentlichungen immer betont, dass wir auch dann, wenn Mumia eines Tages aus dem Todestrakt befreit sein sollte, den Kampf zur Abschaffung der Todesstrafe weiterführen werden, weil sie barbarisch ist und ihre Praxis eine Verletzung der Internationalen Erklärung der Menschenrechte von 1948 darstellt.
Der Erfolg, dass Mumia nach fast 30 Jahren Isolierung im Todestrakt seit Dezember 2011 zumindest nicht mehr von seiner Hinrichtung bedroht ist, ist das Ergebnis von über zwei Jahrzehnten juristischem und politischem Kampf mehrerer Verteidigerteams und einer internationalen Solidaritätsbewegung.
Seit Mumia Abu-Jamal nicht mehr im Todestrakt sitzt, sondern nach den Vorstellungen seiner Gegner trotz seiner nachweisbaren Unschuld bis an sein Lebensende im »Normalvollzug« eines Hochsicherheitsgefängnisses weggesperrt bleiben soll, ist sowohl in den USA als auch hier in der BRD eine Tendenz zu erkennen, sich stärker auf eine Kritik an den Masseninhaftierungen im gefängnisindustriellen Komplex der USA zu verlagern und die Abschaffung der Todesstrafe nicht mehr ins Zentrum zu stellen.
Um nicht missverstanden zu werden: Diese Kritik und die Entlarvung der USA als dem Land, dass im weltweiten Vergleich mehr Menschen hinter Gittern oder unter Bewährungskontrolle hält als jeder andere Staat, ist notwendig. Genauso wie es wichtig ist, politische Gefangene generell zu unterstützen und ihre Lage öffentlich zu machen.

Was die Stärke unseres politischen Kampfes ausmacht
Wir sehen aber, dass die Schwerpunktverlagerung weg von der klaren Stoßrichtung gegen die Todesstrafe hin zu einer allgemeinen Kritik am Gefängnis- und Zwangsarbeitssystem einhergeht mit einer Vernachlässigung der politischen und organisatorischen Verzahnung insbesondere mit den Kräften, die wir in jahrzehntelangem Bemühen für ein gemeinsames Eintreten gegen die Todesstrafe und für den Schutz der politischen Gefangenen gewinnen konnten. Zusammen mit Gewerkschaften, Journalisten- und Schriftstellerverbänden, antifaschistischen und antirassistischen Organisationen, Antikriegs- und Friedensbewegung, Menschenrechtsorganisationen, fortschrittlichen Stiftungen, linken Christen und Kulturschaffenden aus vielen Sparten sowie Landesverbänden, Bundestags- und EU-Fraktion der Partei Die Linke (PDL) haben wir eine breite gesellschaftliche Wellenbewegung erzeugt, die ihre Wirkungen bis hinein in die politischen Institutionen und Parlamente auf BRD- und EU-Ebene entfaltet hat. Das machte stets die Stärke unseres politischen Kampfes aus.
Wir erinnern in diesem Zusammenhang an den äußerst wichtigen Beschluss des Europaparlaments gegen die Todesstrafe (siehe: http://www.freedom-now.de/news/artikel667.html), der als Beispiel dafür steht, welche grenzüberschreitende Kraft eine breite gesellschaftliche Basisbewegung zu entwickeln im Stande ist. Der dadurch aufgebaute Druck hat mit Sicherheit auch dazu beigetragen, dass Mumia Abu-Jamal heute nicht mehr im Todestrakt sitzt.

Abschaffung der Todesstrafe in den USA greifbares Ziel
Die vielfältigen Stimmen aus Europa haben in den letzten Jahren mit dazu beigetragen, dass in den USA der Prozess des Umdenkens in Sachen Todesstrafe beschleunigt wurde. Das geht bis weit in die Demokratische Partei hinein und hat teilweise sogar Mitglieder der Republikanischen Partei erfasst. Wobei man nicht verkennen darf, dass es bei den Zweiflern in den beiden staatstragenden US-Parteien auch kühle Rechner gibt, die angesichts der Millionenkosten, die ein Todesstrafenverfahren samt Hinrichtung kosten kann, Gefangene lieber lebenslang profitable Zwangsarbeit in Gefängnisfabriken verrichten lassen wollen. Sie haben erkannt, wie wichtig das Gefängnissystem mit seinem Heer rechtloser ZwangsarbeiterInnen als quasi »Billigstlohnland« innerhalb der US-Grenzen ist.
Unabhängig von den jeweiligen Gründen können wir aber feststellen, dass mehr und mehr US-Bundesstaaten die Todesstrafe abschaffen oder zumindest ein Moratorium über sie verhängen.
An diesem historisch kritischen Punkt in der Frage der Abschaffung der Todesstrafe ist es deshalb absolut notwendig, den einmal eingeschlagenen Keil weiter voranzutreiben und die international wachsende Kritik an der Todesstrafe politisch zuzuspitzen.
Dass wir im Rahmen dieser Arbeit insbesondere auch Whistleblower wie Bradley Manning und Julian Assange unterstützen, gegen die konservative und tendenziell faschistische Kreise und Medien der USA öffentlich die Todesstrafe gefordert haben, kommt nicht von ungefähr: Ihre Fälle zeigen, dass die Todesstrafe immer auch auf die politische Opposition zielt, die sich mit den herrschenden Verhältnissen nicht abfinden will. Wollen wir uns also jenen Kräften entgegenstellen, die Kriege aus Profit- und Machtinteressen führen, und wollen wir als Alternative eine sozial gerechte Weltgesellschaft aufbauen, dann müssen wir auch mit dem Einsatz aller Repressionsmittel rechnen. Deshalb ist es also nicht nur aus humanitären Gründen geboten, die Todesstrafe weltweit abzuschaffen. Auch für die notwendige Veränderung dieser Welt ist es wichtig, dass wir den grauen Herren ihre schärfste Waffe aus der Hand nehmen.

Für eine gerechte und humane Gesellschaft: Schaffen wir die Todesstrafe ab – weltweit!

Internationales Verteidigungskomitee (IVK),

Bremen, am 15. September 2012

 
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