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Kolumne # 596 vom 26.05.2012: Ein revolutionärer Captain

26.05.12 (von maj) Richard Reginald Schell baute in Philadelphia eine starke Ortsgruppe der Black Panthers auf. Er lebte für die Verteidigung der Rechte der Schwarzen. Jetzt ist er gestorben

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 122 – 26./27./28. Mai 2012

Sein Geburtsname war Richard Reginald Schell, aber die meisten Leute kannten ihn als Reggie. Jene, die mit ihm zusammenarbeiteten, nannten ihn schlicht »Cap«, die Kurzform von Captain. Das war sein Rang, den er innerhalb der Ortsgruppe der Black Panther Party (BPP) in Philadelphia bekleidete. Er war ein geduldiger und kluger Lehrer und kümmerte sich vor allem um die jüngeren Panthers (den Verfasser eingeschlossen).
Er war nicht der erste und auch nicht der letzte Captain der Panthers in Philadelphia, aber unter seiner Leitung wuchs der Einfluß der Ortsgruppe. Am Anfang gab es nur ein Parteibüro in einem Ladenlokal auf der alten Columbia Avenue, die heute Cecil B. Moore Avenue heißt. Später waren es fünf Büros, die über die ganze Stadt verteilt waren. Sein Verständnis von der effektiven Arbeit eines Parteibüros schloß Auseinandersetzung und Konfrontation mit ein. Während der sogenannten Rizzo-Jahre unter dem mittlerweile verstorbenen früheren Polizeichef und Bürgermeister Frank L. Rizzo entwickelte sich diese Auseinandersetzung zu einem bewaffneten Konflikt.
Reggie baute in den fünf Panther-Parteibüros eine starke Ortsgruppe auf, die zum Stolz der Schwarzen Pennsylvanias und zum Fluch der Offiziellen des Bundesstaates wurde. Im Sommer 1970 startete die Polizei in den frühen Morgenstunden des 31. August einen konzertierten Angriff auf die Parteibüros in North Philly, West Philly und Germantown.
Die Panthers erwiderten das Feuer der Angreifer. In der ganzen Stadt wurden sie in großer Zahl verhaftet, während gleichzeitig weitere Panther-Büros in anderen Landesteilen der USA überfallen und durchsucht wurden. Die Attacken in Philadelphia sollten abschreckend auf Leute wirken, die sich an der Revolutionary Peoples Constitutional Convention (RPCC) beteiligen wollten, einem Konogreß, der ab dem 5. September 1970 auf dem Campus der Temple University im Norden Philadelphias stattfinden sollte. Die BPP hatte diesen Revolutionären Verfassunggebenden Volkskongreß einberufen, um mit möglichst vielen Aktivisten eine neue Verfassung für ein neues Amerika zu diskutieren und zu verabschieden.
Die Attacken auf die Panther-Büros erwiesen sich für die Staatsmacht als Schlag ins Wasser, weil die BPP danach aus allen gesellschaftlichen Bereichen Unterstützung erhielt, selbst von Leuten, die vorher nichts von ihr wissen wollten. Der Kongreß, an dem trotz des Polizeiterrors Tausende teilnahmen, fand schließlich vom 6. bis 8. September statt.
Reggie führte seine Arbeit auch noch weiter, nachdem sich die Partei aufgelöst hatte, indem er die Black United Liberation Front (BULF) gründete, die hauptsächlich aus Ex-Panthers bestand. Auch die Arbeit der BULF zielte auf den Schutz und die Verteidigung der Rechte der schwarzen Bevölkerung in den USA. Dazu gehörte vor allem der Kampf gegen Polizeiübergriffe, für menschenwürdiges Wohnen und gegen den gefängnisindustriellen Komplex. Reggie arbeitete in diesem Zusammenhang eng mit allen Gruppen und Einzelpersonen zusammen, von denen Unterstützung zu erwarten war. Er unterhielt auch eine enge und sehr persönliche Arbeitsbeziehung zu Pater Paul Washington (1921–2002), einen Basisaktivisten im afroamerikanischen North Philly und langjährigen Pfarrer der Gemeinde der Church of the Advocate.
In seinen letzten Jahren war Reggie trotz seines Nierenleidens und der notwendigen wöchentlichen Dialyse immer auf seinem Posten. Man konnte ihn auf der Cecil B. Moore Avenue beim Flugblattverteilen oder beim Malen von Protestplakaten antreffen. Was ihn antrieb und seine Schmerzen ignorieren ließ, war seine tiefempfundene Liebe zu seinen schwarzen Mitmenschen. Nur zwei Monate vor seinem 71. Geburtstag verstarb er in den frühen Morgenstunden des 9. Mai 2012.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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