Anklage wegen »Unterstützung des Feindes«
02.05.12 (von ivk-jW) Dritte Anhörung im Fall Bradley Manning. Hauptvorwurf bleibt bestehen
Aus: junge Welt Nr. 102 – 2. Mai 2012 / Von Jürgen Heiser
Im Militärgerichtsverfahren gegen den als »Whistleblower« angeklagten Obergefreiten der US-Armee Bradley Manning ist am vergangenen Donnerstag eine dreitägige Anhörung zu Ende gegangen. Das Militärgericht von Fort Meade, Maryland, legte den Beginn des dreiwöchigen Hauptverfahrens nun auf den 12. September fest. Die Verteidigung hatte immer wieder auf eine frühzeitige Eröffnung des Verfahrens gedrungen, da sich ihr Mandant wegen des gegen ihn gerichteten Vorwurfs, seit 2009 interne Dokumente und Videomaterial des Pentagon und der US-Diplomatie aus den Kriegen in Afghanistan und Irak an die Enthüllungsplattform Wikileaks weitergegeben zu haben, seit zwei Jahren in Untersuchungshaft befände, neun Monate davon in strenger Isolationshaft. Militärrichterin Oberst Denise Lind schloß sich mit der Terminierung der Anklage an, die angab, mehr Zeit für die Vorbereitung des Prozesses zu brauchen.
Gegen Ende der Anhörung gab Lind ihren wichtigsten Beschluß bekannt. Danach wird der Hauptvorwurf der »Unterstützung des Feindes« gegen Manning im Sinne der Anklage bestehen bleiben. Hauptverteidiger David Coombs hatte vor der Anhörung in umfangreichen Anträgen dargelegt, daß einige der 22 strafrechtlich relevanten Vorwürfe gegen das Gesetz verstießen, da gegen dasselbe Delikt mehrere separate Anklagepunkte vorgebracht würden. Damit sei die verbotene doppelte Strafverfolgung gegeben. Lind argumentierte, Coombs könne diese Bedenken erneut vorbringen, wenn Manning deswegen verurteilt werden sollte.
Allerdings gab Lind Staatsanwalt Major Ashden Fein mit auf den Weg, die Anklage müsse im Prozeß klare Beweise dafür erbringen, daß Nachrichtenanalyst Manning sich der »Unterstützung des Feindes« auch voll bewußt war, als er vermutlich Hunderttausende Dokumente an Wikileaks weitergab. In der letzten Anhörung im März 2012 hatte Fein die Frage der Verteidigung nach dem »angeblichen Feind« mit dem Hinweis beantwortet, Manning habe »indirekt Al-Qaida« unterstützt.
Lind warnte die Anklage davor, der Hauptanklagepunkt müsse möglicherweise fallengelassen werden, wenn der erforderliche konkrete Nachweis nicht erbracht werde. Sollte Manning in diesem Punkt schuldig gesprochen werden, erwartet ihn als Höchststrafe lebenslange Haft.
Am vergangenen Mittwoch hatte Richterin Lind den bereits mehrfach von Coombs gestellten Antrag auf vollständige Einstellung des Verfahrens abgelehnt. Anwalt Coombs sieht ein Verfahrenshindernis vor allem in der Tatsache, daß er nach wie vor keine umfassende Akteneinsicht erhalten hat. Außerdem sei die Anklage bislang jeden faktischen Beweis für die Unterstützung Al-Qaidas durch seinen Mandanten schuldig geblieben.
Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft einräumen müssen, das Videomaterial eines US-Hubschraubereinsatzes sei nicht als geheim eingestuft gewesen. Es entstamme aber internen Datenbanken, und die Weitergabe sei strafbar. Bei dem Einsatz waren in Bagdad Zivilisten aus Bordwaffen getötet worden. Wikileaks hatte im April 2010 das Video »Kollateraler Mord« veröffentlicht, um Kriegsverbrechen in Irak zu belegen. Das brachte die US-Regierung in Erklärungsnot, und sie wies das Heimatschutzministerium an, das »Leck« in den US-Besatzungstruppen zu finden. Kurze Zeit später war Manning als mutmaßlicher »Geheimnisverräter« auf dem US-Stützpunkt Hammer nahe Bagdad verhaftet worden.
Die Anhörung in der vergangenen Woche war wieder von Aktivsten der Solidaritätsbewegung beobachtet worden. In einer Beratungspause dankte Anwalt Coombs ihnen ausdrücklich dafür, den Fall »weiterhin ins öffentliche Bewußtsein zu bringen«. Sein Mandant sei dringend auf diese Unterstützung angewiesen. Die nächste Anhörung findet vom 6. bis 8. Juni statt.
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