Bradley Manning schon vorverurteilt
19.03.12 (von ivk-jW) USA: Zweitägige Anhörung des mutmaßlichen Wikileaks-Informanten. Termin für Hauptverhandlung weiter offen
Aus: junge Welt Nr. 67 – 19. März 2012 / Von Jürgen Heiser
Der mutmaßliche Wikileaks-Informant Bradley Manning weiß immer noch nicht, wann die Hauptverhandlung gegen ihn beginnen soll. Die zweitägige Anhörung vor dem US-Militärgericht in Fort Meade, Maryland, am vergangenen Donnerstag und Freitag ist für den Obergefreiten in dieser Frage ergebnislos zu Ende gegangen. Der Einspruch seines Hauptverteidigers David Coombs gegen den von der Anklage gewünschten Prozeßbeginn im August 2012 wurde vom Gericht nicht behandelt. Mit Blick auf die fast zweijährige Untersuchungshaft seines Mandanten hatte Coombs einen zügigen Verfahrensbeginn noch im Mai gefordert. Nun arbeitet die Zeit für die Anklage, denn wenn der Antrag erst während der für den 24. bis 26. April angesetzten nächsten Anhörungstermine beschieden wird, kann das Verfahren kaum noch im Mai beginnen.
Die Atmosphäre im und vor dem Verhandlungsort hat sich laut Nathan Fuller vom »Bradley Manning Support Network« verschärft. Zum ersten Mal wurden Fahrzeuge von Gerichtsbesuchern mit Spürhunden nach Sprengstoff durchsucht. Zuschauern im Gerichtssaal wurde bei Eröffnung der Anhörung eine neue Kleiderordnung bekanntgegeben. Wer Kleidung trüge, die »als störend empfunden« werde, könne des Saales verwiesen werden. Einem Besucher verwehrte die Militärpolizei den Zutritt, weil auf seinem T-Shirt »Ich bin Bradley Manning« stand.
In dieser Atmosphäre markierte Staatsanwalt Ashden Fein als Ankläger des Pentagon am Donnerstag das Terrain, auf dem der kommende Prozeß stattfinden wird. Die Frage von Verteidiger Coombs zum Hauptanklagepunkt, welchen »angeblichen Feind« sein Mandant unterstützt haben soll, beantwortete Fein auf eine Weise, die schon am nächsten Tag entsprechende Schlagzeilen in der US-Presse machte. Nach Meinung des Pentagon habe »Manning durch die Weitergabe von Informationen indirekt Al-Qaida« unterstützt. Nachgefragt, wie Manning das »wissentlich« getan haben soll, erklärte Fein, er habe es »via Wikileaks« getan. Auf Coombs Frage, wie sein Mandant sich Zugang zur Website verschafft haben soll, weigerte sich Fein zu antworten. Er wolle seine Argumente nicht vorzeitig offenlegen. Darum ginge es ihm auch nicht, sagte Coombs. Er wolle nur nicht, daß sein Mandant »im Prozeß aus dem Hinterhalt angegriffen werde«.
Der zweite Anhörungstag begann erst mit dreistündiger Verspätung. Zuvor hatte die Vorsitzende Richterin, Oberst Denise Lind, Verteidigung und Anklage zu sich gerufen, um unter Ausschluß der Öffentlichkeit über Verfahrensfragen zu sprechen, die schon am Donnerstag zu langatmigen Disputen geführt hatten. Einzelheiten darüber, was intern besprochen wurde, erfuhr die Öffentlichkeit jedoch nicht. Es bleibt unklar, welche Dokumente und Verschlußsachen im Prozeß öffentlich verhandelt werden dürfen und was die Verteidigung im Rahmen der Akteneinsicht davon überhaupt in die Hände bekommen darf. Bis jetzt hat die Anklage die wesentlichen Aktenteile von insgesamt drei Millionen Seiten nicht offengelegt, da sie »geheim« seien.
Kevin Zeese, Anwalt des Solidaritätsnetzwerks, erklärte dazu, wenn die Anklage derart viele Beweisdokumente unter Verschluß halten könne, »dann wird ein faires Verfahren unmöglich sein«. Die Anklage bekämpfe die Verteidigung »auf jedem Zentimeter Boden«, und es sei spürbar, »daß auch die Richterin Manning verurteilen will«. Die Verteidigung hatte aus diesem Grund bereits am Vortag erneut den Antrag gestellt, das Verfahren wegen Vorverurteilung ihres Mandanten einzustellen.
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