Kolumne # 576 vom 7.01.2012: Soldaten als Müll entsorgt
07.01.12 (von maj) Das Bild, das die Gebeine von US-Kriegstoten auf einer Deponie zeigt, erzählt nur die Wahrheit
Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 6 – 7./8. Januar 2012
In der zweiten Dezemberwoche des vergangenen Jahres meldeten verschiedene Zeitungen, US-Militärpersonal habe routinemäßig die Gebeine von US-Kriegstoten auf einer Mülldeponie in Virginia abgekippt. Diese Praxis begann etwa 2004 während der Regierungszeit von US-Präsident George W. Bush und wurde erst kurz vor der Amtsübernahme durch Barack Obama Ende 2008 eingestellt.
Das Pentagon hat versucht, den Skandal zu vertuschen, aber ein Artikel der Washington Post vom 8. Dezember 2011 deckte auf, daß die sterblichen Überbleibsel von mindestens 274 US-Soldaten auf dieser Mülldeponie vergraben wurden. Die Hinterbliebenen waren nicht über den Verbleib der Gebeine oder Leichenteile ihrer Angehörigen informiert.
Mal abgesehen von der politischen Meinungsmache, die bei solchen Nachrichten immer eine Rolle spielt, ist dieses ernüchternde Bild von Gefallenen, die wie Müll entsorgt werden, eine vielsagende Metapher für das wahre Leben. Sie zeigt, was die Herrschenden wirklich über Soldaten denken, von denen viele junge Männer und Frauen sind, die gerade mal die High School abgeschlossen haben.
In den letzten Jahren haben sich Politiker in Talkshows im Radio oder Fernsehen immer emsig bemüht, anwesenden Kriegsveteranen für ihren Kriegsdienst zu danken. In Wahrheit ist das reines Robotergeschwafel und so aussagekräftig wie das Geplapper von Papageien, denen man beigebracht hat, »Hallo!« zu sagen.
Der amerikanische Dichter E.E. Cummings hat einmal gesagt: »Ein Politiker ist ein Arsch, auf dem jeder schon mal gesessen hat, nur noch kein richtiger Mensch.« Und John Africa hat zu dem gleichen Thema gesagt: »Ein Politiker wird dir erzählen, daß er nicht von einer Frau geboren wurde, wenn er dich dadurch dazu bringen kann, für ihn zu stimmen.«
In den Jahren seit dem 11. September 2001 wurden Kriege geführt, die Länder, Ökonomien und den Weltfrieden zerstört haben. Tausende Namenlose sind für nicht mehr und nicht weniger als die US-amerikanische Paranoia gestorben. Tausende US-Soldatinnen und Soldaten sind im Kampf für die Verteidigung der Lügen der US-Regierung gefallen.
Und noch viel mehr sind vom Einsatz zurückgekehrt, ihre Körper, ihr Geist und ihre Seelen zerschunden durch das politische Kalkül ihrer Befehlsgeber, die von Arroganz, Habgier und schierer Dummheit getrieben sind. Soldatenehen werden geschieden, weil die Paare über viele Jahre getrennt sind, und ganze Familien sind auseinandergebrochen, weil irgendein schmieriger Politiker »Kriegspräsident« (oder Senator bzw. Abgeordneter) spielen wollte.
Tatsächlich ist das Bild von Soldatenleichen, die man wie Müll auf eine Deponie kippt, alles andere als eine Metapher. Es ist die Wahrheit.
Übersetzung: Jürgen Heiser
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