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US-Häftlinge streiken wieder

30.09.11 (von ivk-jW) Anstaltsleitung bricht Zusagen und droht Gefangenen mit Disziplinarmaßnahmen

Aus: junge Welt Nr. 228 – 30. September 2011 / Von Jürgen Heiser

Im kalifornischen Gefängnissystem geht der Kampf gegen Isolationshaft und »für eine menschenwürdige Behandlung« in die zweite Runde. Das erklärte Mutope Duguma, einer der Sprecher der Gefangenen des »Pelican Bay«-Staatsgefängnisses, in einem Brief zur Wiederaufnahme des am 20. Juli nach drei Wochen unterbrochenen Hungerstreiks. Gegen die laut Duguma »entsetzlichsten Bedingungen«, unter denen Menschen in Einzelhaft gehalten werden, verweigern seit Montag 100 Gefangene in »Pelican Bay« erneut das Anstaltsessen. Ihnen schlossen sich 200 Häftlinge aus den beiden Administrative Segregation Units (ASU) genannten Isolationstrakten des Staatsgefängnisses von Calipatria an. Aus dem dortigen Normalvollzug wollen mehrere hundert Gefangene eine Woche lang die Nahrung verweigern.
Nach Meldungen des Hungerstreik-Solidaritätsbündnisses in Oakland ist die Zahl der Teilnehmer an der Protest­aktion bis Mittwoch sprunghaft auf mindestens 6000 Gefangene angestiegen. Diese Zahlen gehen auf Angaben von Anwälten, Mediatoren und Angehörigen zurück, die Besuche in verschiedenen Haftanstalten gemacht haben, darunter in Centinela, Tehachapi und West Valley. Die Gefängnisbehörde California Department of Corrections and Rehabilitation (CDCR) weigert sich nach Angaben des Bündnisses, die Öffentlichkeit »darüber zu informieren, wo genau Gefangene streiken und wie viele es in den jeweiligen Gefängnissen sind«.
Ursache für die Wiederaufnahme des Protests, an dem sich vom 1. bis 20. Juli in einem Drittel der Haftanstalten Kaliforniens nach offiziellen Angaben 6600 Häftlinge beteiligt hatten, ist die Nichteinhaltung von Zusagen zur Verbesserung unhaltbarer Zustände in den Haftanstalten. Überbelegung, medizinische Unterversorgung und zum Teil jahrzehntelange Isolationshaft gehören zum Gefängnisalltag.
In Sacramento, dem Sitz des kalifornischen Parlaments, hatte Unterstaatssekretär Scott Kernan während einer Anhörung am 28. August 2011 angekündigt, der Bundesstaat wolle seine Regeln zur Isolationshaft revidieren, »und zwar im Laufe der nächsten Monate, nicht Jahre«. Kernan war einer der beiden Unterhändler des CDCR, der im Juli mit den Streikanführern in »Pelican Bay« verhandelt hatte. Doch konkrete Verbesserungen der Haftbedingungen oder die Beendigung der unmenschlichen Isolationspraxis, die allein in Kalifornien 3500 Häftlinge mit durchschnittlich fast sieben Jahren strenger Einzelhaft betrifft, haben die Betroffenen in den zwei Monaten seit der Streikunterbrechung nicht erlebt.
Statt dessen nahmen in letzter Zeit Repressalien gegen Teilnehmer des Streiks zu. Allein in »Pelican Bay« wurden 128 von ihnen mit einem Formblatt über ein gegen sie eingeleitetes Disziplinarverfahren informiert. Ihre »gewaltfreie Störung« der »Programme und Maßnahmen der Gefängnisbehörde im gesamten Bundesstaat« sei dokumentiert worden. Sollte es zu »erneuten Verhaltensweisen dieser Art kommen«, so die Anstaltsleitung, würden sofort »disziplinarische Schritte eingeleitet«. Konkret bedeutet das je nach Einzelfall die Ablehnung von Bewährung, die Verlängerung der Einzelhaft und den Verlust der Arbeit in Anstaltsbetrieben, was das Ende weiterer Vergünstigungen nach sich zieht.

Am 5. Oktober wollen Angehörige und Unterstützer der Streikenden vor das Parlament in Sacramento ziehen, um Druck auf die Behörden zu machen. Die sollen die Haftbedingungen umgehend verbessern.

 
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