Licht ins Dunkel der Knäste
28.07.11 (von ivk/jw) Hungerstreik im kalifornischen Pelican-Bay-Staatsgefängnis beendet
Aus: junge Welt Nr. 173 – 28. Juli 2011 / Von Jürgen Heiser
Die Initiatoren des am 1. Juli im kalifornischen Pelican-Bay-Staatsgefängnis begonnenen Hungerstreiks haben ihre Aktion für beendet erklärt. In einer am Mittwoch (Ortszeit) veröffentlichten Erklärung begründen vier Gefangene des Leitungskollektivs, warum sie auf ein Angebot der Gefängnisbehörde California Department of Corrections and Rehabilitation (CDCR) eingegangen sind. Der »unbegrenzte Hungerstreik als Mittel des friedlichen Protests gegen 20 bis 40 Jahre Menschenrechtsverletzungen« habe ein hohes Maß an öffentlichem Druck hergestellt. Das habe dazu geführt, daß ihnen am 20. Juli »mehrere hohe CDCR-Beamte an einem Tisch gegenübersaßen und versicherten, nun einen Prozeß bedeutender Veränderungen einzuleiten« und in einen weiterführenden Dialog mit den Gefangenen einzutreten.
Das Häftlingskollektiv sieht hinter der Ankündigung auch den Druck, unter dem das CDCR steht, seit ihm der Oberste Gerichtshof der USA Ende Mai 2011 auferlegt hat, wegen der Überfüllung der Strafanstalten 30 000 Gefangene freizulassen, um die unerträgliche Situation in den Haftanstalten zu mildern.
Kleinere Erleichterungen wie die Bereitstellung von Allwettermützen, Wandkalendern und Zugang zu Bildungsmöglichkeiten werteten die Gefangenensprecher als »vertrauensbildende Maßnahme«. Auf der Basis dieser Geste solle die »kollektive Entscheidung, den Hungerstreik zu beenden«, dem CDCR »Gelegenheit geben, seine Zusagen einzulösen, also die Menschenrechtsverletzungen und die Folter aufzugeben«. Entscheidend sei für den Entschluß zur Beendigung des Streiks gewesen, daß mit der Aktion von zeitweise 6600 Gefangenen in einem Drittel der kalifornischen Isolationstrakte und Haftanstalten »die ungesetzlichen Methoden und Praktiken des CDCR erfolgreich vor der Welt enthüllt worden sind«, so die Einschätzung in der schriftlichen Stellungnahme der Streikanführer von Pelican Bay.
Auf diese eindeutige Erklärung hatte die in- und ausländische Solidaritätsbewegung seit Tagen gewartet, nachdem es immer wieder Meldungen und Gerüchte über das Ende des Hungerstreiks gab. Wie während einer Konferenz des Solidaritätsbündnisses der kalifornischen Bay Area am Dienstag abend offenbar wurde, war dessen Arbeit tagelang blockiert, weil sich die dort rund um die Uhr arbeitende Gruppe vielen ungesicherten Informationen und einer Flut von Anfragen aus dem In- und Ausland gegenübersah, die kaum zu bewältigen gewesen seien.
Ein Teilnehmer der Konferenz erklärte gegenüber jW, es sei davon auszugehen, daß sich in einigen Gefängnissen, so zum Beispiel in Corcoran, Kings County, auch jetzt noch Häftlinge im Hungerstreik befänden. Teils seien die Gefangenen über das Ende des Streiks in Pelican Bay noch nicht informiert, teils kämpften sie um die Durchsetzung eigener Forderungen. Das Bündnis betonte deshalb, es werde sich jetzt vor allem darauf konzentrieren, jedem Hinweis nachzugehen. Im engen Kontakt mit Angehörigen und Anwälten solle bald ein aktuelles Bild der Gesamtsituation erstellt und »weiter Licht ins Dunkel der Knäste gebracht werden«.
Das Streikkollektiv in Pelican Bay wertet die Aktion und die schnell angewachsene weltweite Solidarität als Triumph. Wichtig sei jetzt klarzumachen, daß der Hungerstreik nur »der erste Schritt einer langfristigen Kampagne« gewesen sei. »Der Kampf für ein Ende der Menschenrechtsverletzungen und der Folter in den SHU-Isolationstrakten, denen wir unterworfen sind«, habe erst angefangen.
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