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Kolumne # 504 vom 21.08.2010: Seit 47 Jahren im Gefängnis

21.08.10 (von maj) Einstiger Mitangeklagter von Angela Davis kämpft noch immer um seine Freiheit

Mumia Abu-Jamal * Link zum Artikel in junge Welt Nr. 194 vom 21./22. August 2010: Bitte HIER klicken!

Seit 47 Jahren im Gefängnis
Es ist jetzt 39 Jahre her, daß der Black Panther George Jackson im kalifornischen Staatsgefängnis von San Quentin am 21. August 1971 von Wärtern »auf der Flucht« erschossen wurde, wie es offiziell hieß. Mit 18 Jahren wegen eines Tankstellenüberfalls mit 70 US-Dollar Beute zu einer »Gummistrafe« von einem Jahr bis lebenslänglich verurteilt, schloß Jackson sich in der Haft der Black Panther Party an und baute eine militante Gefangenenbewegung auf. International bekannt wurde er durch seinen als Buch veröffentlichten Briefwechsel mit Angela Davis. Mit Jacksons Namen eng verbunden ist der eines anderen afroamerikanischen Gefangenen, der heute der am längsten eingesperrte politische Gefangene in den USA ist: Ruchell »Cinque« Magee.
Als 24jähriger ging der im Südstaat Louisiana aufgewachsene Magee 1963 nach Los Angeles. Er war noch keine sechs Monate in der kalifornischen Stadt, als er nach einem Streit mit einem Mann verhaftet wurde. Es ging um die Frau des Kontrahenten und ein paar Krümel Marihuana im Wert von 10 Dollar. Die aufgebauschte Anklage lautete auf Geiselnahme und Raub, und schon bald wurde Ruchell Magee in einem Schnellverfahren, bei dem das Urteil schon vorher feststand, zu lebenslanger Haft verurteilt.
Magee politisierte sich in der Haft, und fortan nannte er sich »Cinque« nach dem afrikanischen Freiheitskämpfer, der im 19. Jahrhundert mit anderen Verschleppten zusammen das Sklavenschiff »Amistad« in seine Gewalt brachte, um wieder Kurs auf heimatliche Gefilde in Afrika zu nehmen. Auch Ruchell »Cinque« Magee wollte sich aus der legalisierten Sklaverei der Gefängniszwangsarbeit befreien. Im jahrelangen Kampf mit den Gerichten erlernte er das, was er selbst »Guerilla-Recht« nannte und zu einer scharfen Waffe im Kampf um seine eigene und die Freiheit seiner Mitgefangenen schmiedete. Die kalifornische Justiz jedoch war an den Rechten eines jungen Schwarzen wie Magee nicht interessiert und lehnte alle seine Berufungsanträge ab.
Am 7. August 1970 war Magee als Zeuge der Verteidigung im Verfahren des schwarzen Gefangenen James McCain geladen. Dieser war angeklagt, in San Quentin einen Wärter angegriffen zu haben, nachdem dessen Kollegen den Gefangenen Fred Billingsley getötet hatten. Durch die Zeugenaussagen über den rassistischen und repressiven Charakter des Gefängnissystems versprach sich McCain Entlastung. Mitten in Magees Vernehmung im Gericht von Marin County stürmte ein schwerbewaffneter junger Schwarzer herein und rief, er werde jetzt das Kommando im Saal übernehmen. Der 17jährige Jonathan Jackson, George Jacksons Bruder, verteilte Waffen an McCain, Magee und den zweiten Zeugen William Christmas. Mit Richter, Staatsanwalt und drei Geschworenen als Geiseln verließen sie das Gericht. Ziel war ein Radiosender, von wo aus sie die Welt über die elenden Bedingungen in den Gefängnissen informieren wollten. Am Ende sollten die Geiseln gegen George Jackson und die beiden anderen »Soledad Brothers« John Cluchette und Fleeta Drumgo ausgetauscht werden. Doch genau das wollten Justiz und Polizei verhindern. Noch ehe der Fluchtwagen starten konnte, wurde er von Salven eines großen Polizeiaufgebots durchsiebt, wobei der Richter starb, der Staatsanwalt nur knapp und querschnittgelähmt überlebte. Die Geschworenen entkamen leichtverletzt. Von den vier Revolutionären überlebte nur Magee schwerverletzt diese Aktion.
Schon bald sah er sich gemeinsam mit Angela Davis wegen Mordes, Geiselnahme und Verschwörung angeklagt. Die Kommunistin und linke Hochschulprofessorin Davis war wegen ihrer Kontakte zu den beiden Jackson-Brüdern auf die Fahndungsliste des FBI gesetzt und nach einer Großfahndung schließlich verhaftet worden. Der Ausgang ist bekannt: Ruchell Magees Verfahren wurde abgetrennt, Angela Davis erhielt die Unterstützung einer weltweiten Solidaritätsbewegung und wurde 1972 von der Jury freigesprochen. Magee, der in seinem späteren Prozeß kaum Unterstützung hatte und betonte, er habe wie sein Vorfahre Cinque das natürliche Recht, sich aus der Sklaverei zu befreien, fand keine Gnade bei den Geschworenen und wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Bis heute kämpft der mittlerweile 71jährige vergeblich um seine Freilassung auf Bewährung. Nach fast 47 Jahren Gefängnis braucht er dazu die Unterstützung einer breiten Solidaritätsbewegung.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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