Kolumne 25.07.09: Der Fall Cynthia McKinney
25.07.09 (von maj) Wie eine ehemalige US-Abgeordnete und Präsidentschaftskandidatin in Israel im Knast landete
Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 170 - 25./26. Juli 2009
Cynthia McKinney ist eine freimütige und engagierte US-Politikerin. Sie ist beliebt und lebt und arbeitet im US-Bundesstaat Georgia. Sie setzt sich seit vielen Jahren unter anderem für die Rechte der Afroamerikaner und die Abschaffung der Todesstrafe ein. Als Mitglied der Demokratischen Partei saß sie von 1993 bis 2003 im Repäsentantenhaus und zog 2005 erneut für den Vierten Wahlbezirk ihres Bundesstaates Georgia dort ein. Nach heftigen Anfeindungen wegen ihrer kritischen Ansichten verlor sie ihren Sitz unter der Regierung Bush zum zweiten Mal. Seit Oktober 2007 ist sie Mitglied der Grünen Partei, als deren Präsidentschaftskandidatin sie 2008 zu den Wahlen antrat.
Kürzlich wurde sie nun aus dem Gefängnis entlassen. Moment mal, werden viele denken. Aus dem Gefängnis? Ja, es stimmt, und daß die 54jährige im Gefängnis war, erfuhren offensichtlich nur wenige. Das mag daran liegen, daß sie eine Woche in einem israelischen Gefängnis verbringen mußte. Was hatte sie verbrochen? Sie hatte eine internationale Gruppe des Free Gaza Movement begleitet, die medizinische Hilfsgüter, Olivenbaumstecklinge, Zement und Spielsachen für Kinder zu den Palästinensern in den belagerten Gazastreifen bringen wollte.
McKinney und 21 weitere Menschen wurden daran gehindert, an der Küste von Gaza anzulanden, und von der israelischen Kriegsmarine festgenommen. Ein Akt, so McKinney, der eine »ungeheure Verletzung des Völkerrechts darstellt«. Denn die Politikerin war Teil einer internationalen humanitären Mission zur Unterstützung einer notleidenden Bevölkerung in einem unterdrückten Land. Sie kamen mit Spielzeug und Medikamenten – nicht mit Waffen! – und wurden dafür ins Gefängnis geworfen. Als mir jetzt in einem Telefonanruf von diesen Ereignissen berichtet wurde, war ich sehr überrascht, denn bislang war darüber in den USA nirgendwo etwas zu hören oder zu lesen gewesen.
Dabei gab es Gründe genug für Schlagzeilen. Schließlich hatte einer der engsten Verbündeten der USA, der mehr Militärhilfe erhält als jede andere Nation auf der Welt, ungeniert eine frühere US-Kongreßabgeordnete, Präsidentschaftskandidatin und Aktivistin der schwarzen Bürgerrechtsbewegung in eine Gefängniszelle geworfen. Aber nur wenigen in den großen Medienanstalten war das auch nur eine Kurzmeldung wert! Lag das daran, daß die Rund-um-die-Uhr-Berichterstattung über den Tod Michael Jacksons keinen Raum mehr ließ für eine ausführliche Reportage, was mit McKinney und den anderen Mitgliedern der Hilfsorganisation geschehen war?
Wie die Tageszeitung Philadelphia Tribune am 7. Juli 2009 berichtete, war auf McKinneys MySpace-Website zu lesen, was die Politikerin kurz nach ihrer Freilassung aufgeschrieben hatte: »Wir befanden uns in internationalen Gewässern und auf einem Boot, das humanitäre Hilfsgüter für die Bevölkerung von Gaza geladen hatte, als uns Schiffe der isrealischen Kriegsmarine einkreisten und uns unrechtmäßig bedrohten, unsere Navigationsinstrumente demontierten und unser Schiff beschlagnahmten. (...) Wir mußten alle das Schiff verlassen, wurden in Gewahrsam genommen, nach Israel verbracht und dort inhaftiert.«
Wirklich kaum zu glauben: Cynthia McKinney in einem israelischen Gefängnis, weil sie gemeinsam mit anderen Medikamente für die Kranken bringen wollte, Spielzeug für die traumatisierten Kinder, also schlicht und einfach Unterdrückten in einem besetzten Land Beistand leisten wollte. Vielleicht war für die israelische Kriegsmarine ja bereits der Name des Schiffes, das die Hilfsgüter geladen hatte, eine Provokation: »Spirit of Humanity«. Geist der Menschlichkeit.
Übersetzung: Jürgen Heiser
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