Weißer Boykott gegen UN-Konferenz
18.03.09 (von jW) Im April 2009 soll in Genf eine Anti-Rassismus-Konferenz der Vereinten Nationen stattfinden – doch offensichtlich ohne EU-Vertreter / Von Werner Pirker
Aus: junge Welt Nr. 65 - 18. März 2009
Die USA, Kanada und Israel haben bereits abgesagt. Nun überlegen auch Australien und die Europäische Union, die im April in Genf stattfindende UN-Konferenz gegen Rassismus zu boykottieren. Sollte es jemandem nicht aufgefallen sein: Es sind ausschließlich die weißen Herrennationen, die Probleme haben, an einer antirassistischen Konferenz teilzunehmen. Das wäre an sich nicht einmal verwunderlich, hätte das Hegemonialkartell zwischenzeitlich nicht auch noch den Eindruck zu erwecken vermocht, daß selbst der Antirassismus eine Errungenschaft der in allen Belangen überlegenen westlichen Zivilisation sei.
Die Boykotthaltung des weißen Mannes ergibt sich aus seiner Solidarität mit Israel. Man befürchtet, daß die mehrheitlich nichtweißen Delegierten in Genf wie 2001 im südafrikanischen Durban eine Erklärung verabschieden, in denen der zionistische Staat einer rassistischen Politik bezichtigt wird. Die Verurteilung der israelischen Apartheid-Politik gegenüber den Palästinensern in einem Land, das sein Apartheid-Regime zu überwinden vermochte, war weißen Befindlichkeiten offenbar zu viel gewesen. Inzwischen ist in Israel ein Politiker als künftiger Außenminister im Gespräch, der im Umgang mit den Palästinensern die gleichen völkermörderischen Methoden empfiehlt, wie sie die USA gegenüber den Japanern im Zweiten Weltkrieg angewandt hatten. Weil damit aber jegliches, auch jüdisches Leben in der Region vernichtet werden würde, war es einem israelischen Rechtsaußen vorbehalten, einen »zweiten Holocaust« in Aussicht zu stellen.
Zwar hat der Vormarsch der Rechtsextremen in Israel sogar die EU-Granden ein wenig irritiert. Statt aber Boykottmaßnahmen gegen die Regierung in Tel Aviv ins Auge zu fassen, zieht es Brüssel lieber in Erwägung, die Antirassismus-Konferenz in Genf zu boykottieren. Wie es heißt, werde die Stoßrichtung der Kampagne gegen die Mehrheitsposition der Weltkonferenz vom deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier vorgegeben.
Der bisherige, maßgeblich von Dritte-Welt-Ländern verfaßte Abschlußentwurf soll zu Fall gebracht werden. Auf den Staat Israel bezogene Begriffe wie »Folter«, »Apartheid« oder »Menschenrechtsverbrechen« hätten in den Abschlußdokumenten nichts zu suchen. Die »antiwestliche Propaganda« soll entschärft werden, auch die »Verurteilungen europäischer und amerikanischer Haltungen gegenüber der muslimisch-arabischen Welt« wären laut Steinmeier nicht hinnehmbar.
Die Kritik an Israel ist durch eine Anti-Sudan-Kampagne zu ersetzen. So fände der Begriff »Menschenrechtsverbrechen« doch noch seine Verwendung. »Entweder es geht in unsere Richtung«, ließ Steinmeier wissen, »oder wir ziehen die Notbremse«. Ein weißes Machtwort zur rechten Zeit. Entweder die überlegene Rasse setzt sich durch, oder der Antirassismus wird boykottiert. Ein weißer Boykott wäre einer weißen Übernahme freilich vorzuziehen.
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