Mumias Verteidigung im Hochsicherheitsgefängnis behindert
14.02.09 (von ivk) Das Berliner Mumia-Bündnis beschreibt einen Vorfall, der sich Ende Dezember 2008 im Todestrakt des Hochsicherheitsgefängnisses SCI Greene in Waynesburg/Pennsylvania ereignet hat
Während der U.S. Supreme Court demnächst über das Leben von Mumia Abu-Jamal entscheiden wird, erlebten der inhaftierte afroamerikansiche Journalist und sein Anwalt Robert R. Bryan im vergangenen Dezember eine unagnehme Begebenheit. Ein Verteidigungsgespräch im Todestrakt des SCI Greene Gefängnis in Pennsylvenia wurde lautstark unterbrochen, die konkrete Arbeit von Mandant und Anwalt behindert.
Mumia kann auch seine Anwälte nur durch eine Trennscheibe sprechen. Anders als bei »normalen« Besuchen jedoch dürfen diese offiziell nicht abgehört oder beobachtet werden. Bei diesen Gesprächen besteht häufig die Notwendigkeit, Schriftstücke und Akten auszutauschen. Dafür bat der Anwalt bei seinem Besuch im Dezember einen Schließer im Vorraum, einen geschlossenen Umschlag an Mumia hinter der Trennscheibe zu übergeben.
Wenige Minuten später wurde er im barschen Ton aufgefordert, das seit Wochen vereinbarte Anwaltsgespräch zu unterbrechen und zur Anstaltsverwaltung zu kommen. Sichtlich entnervt über diese Unterbrechung seiner Arbeit verlangte er den Grund dafür zu hören, was ihm jedoch verweigert wurde. Eine schreiende Schließerin herrschte ihn an, seine Sachen zu packen und mitzukommen.
Die eher peinlich berührte Dienstleiterin teilte ihm dann mit, daß er beschuldigt würde, seinem Mandanten »Fanpost« anstelle von juristischen Akten zukommen zu lassen. Er fragte, worauf sie diese absurde Behauptung stützen würde. Schließlich sei sie nicht berechtigt, Anwaltspost zu öffnen oder zu kopieren, wie es mit der sonstigen Post an Mumia ja geschieht. Darauf konnte sie ihm keine Antwort geben.
Nach sehr langer Zeit gelang es Robert R. Bryan, seinen (verschlossenen) Umschlag zurückzubekommen. Mumia konnte diese Akten während des weiteren Gespräches nicht einsehen. Sie mußten anschliessend per Post mit mehrwöchiger Verzögerung an ihn gesandt werden.
Vor dem Hintergrund des laufenden Antrages beim U.S. Supreme Court ist das eine Begebenheit, die die Spannung der Gegenseite deutlich macht. Während Mumia darum kämpft, endlich das neue Verfahren zu erhalten, versucht die Staatsanwaltschaft nichts dringlicher, als genau das zu verhindern. Sie will ihn ohne weitere gerichtliche Prüfung hinrichten lassen. Daß Mumia und seine Verteidigung noch bisher unveröffentlichte Aspekte vorzutragen haben, gilt als wahrscheinlich. Ob hier versucht wird, durch illegale Durchsuchungen Einblicke zu erlangen, ist möglicherweise Spekulation. Solche Schikanen sind aber auf jeden Fall eine schwere Behinderung der Verteidigungsarbeit.
Um Mumia im Hochsichertsgefängnis im ländlichen Waynesburg zu besuchen, muß Robert R. Bryan z.B. jedesmal von San Francisco fast den gesamten Kontinent überqueren. Die gemeinsame Arbeitszeit mit seinen Anwälten ist für Mumia von großer Wichtigkeit, da sie nicht oft zu ihm kommen können. Nur eine Anwältin aus Mumias Verteidigungsteam lebt in Pennsylvenia. Allerdings hat auch sie eine mehrstündige Anreisezeit zu dem sehr abseits gelegenen Gefängnis. [Ende des Artikels]
Nachtrag der IVK-online-Redaktion:
1995 war der damalige Gouverneur von Pennsylvania, Thomas Ridge (der George W. Bush nach 2001 mehrere Jahre als Heimatschutzminister diente) durch illegale Öffnung der Verteidigerpost in den Besitz von Informationen gelangt, die ihn dazu brachten, sofort den ersten Hinrichtungsbefehl für den 10. August 1995 auszustellen. Er wollte damit dem ersten Antrag der damaligen Verteidiger auf Wiederaufnahme des Verfahrens zuvorkommen, was ihm auch gelang. Die Informationen über den kurz bevorstehenden Wiederaufnahmeantrag der Verteidigung im Juni 1995 konnten Ridge und die Staatsanwaltschaft nur aus der illegal geöffneten Verteidigerpost erhalten haben.
Mumia Abu-Jamal klagte vor einem Zivilgericht in Pittsburgh gegen die Gefängnisleitung, in deren Verantwortungsbereich es zur Öffnung der Post gekommen war. Die Gefängnisleitung wurde deswegen [und wegen anderer Rechtsverletzungen gegen Mumia – wie etwa verschärfte Isolation als Disziplinarstrafe, weil er sich nicht die Haare schneiden ließ und in seiner Zelle sein erstes Buch »Live from Death Row» (deutsche Ausgabe: »...aus der Todeszelle«, Bremen 1995/2001) geschrieben hatte] vom Zivilgericht verurteilt, und es wurde ihr aufgetragen, solche für den Kläger nachteiligen Rechtsverletzungen künftig zu unterlassen. Mumias Kommentar dazu: »Das war das einzige Mal, daß ich vor einem US-Gericht Recht bekam!« Seit der erfolgreichen Klage von Mumia hatte sich die Gefängnisleitung des Hochsicherheitsgefängnisses SCI Greene in Waynesburg mit Repressalien gegen Mumia zurückgehalten – bis es jetzt zu dem geschilderten neuen Versuch kam.
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