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Leugnen hilft nicht - es gibt politische Gefangene in den USA

13.09.08 (von jW) US-Behörden bestreiten seit Jahrzehnten, daß es in dem Land politische Gefangene gibt. Ein breites Bündnis klärt auf: www.thejerichomovement.com Von Jürgen Heiser

Artikel aus der Beilage der junge Welt Nr. 215 vom 13. Sept. 2008 zum Thema »Miami Five«

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Leugnen hilft nicht
Wie im Fall der »Miami Five, der fünf in den Vereinigten Staaten inhaftierten Kubaner, leugnen die US-Behörden generell, daß es in ihrem Land politische Gefangene gibt. Diese Haltung hat System im Verhältnis zur inner- und außerstaatlichen Opposition, aber seit gut zwanzig Jahren gibt es organisierte Gegenkräfte.
New York Hunter-College, Dezember 1990. Im Audimax herrscht drangvolle Enge. Das Publikum ist aus den USA, Kanada, Lateinamerika und vereinzelt auch aus Afrika und Europa angereist. Über dem Podium prangt ein großes Transparent: »Internationales Tribunal über politische Gefangene in den USA«. Vom 7. bis 10. Dezember 1990 tagt eine international besetzte Jury und hört Zeugenaussagen von Rechtsanwälten, Angehörigen und Exgefangenen. Aus Deutschland nimmt der Hamburger Völkerrechtler Norman Paech an der Jury teil.
Die Gefangenen, deren Fälle als Anklage gegen die Regierung der USA vorgetragen werden, gehören oppositionellen Bewegungen an wie dem American Indian Movement (AIM), der puertoricanischen Unabhängigkeitsbewegung, der mexicano-chicano und schwarzen Freiheitsbewegung, antiimperialistischen Organisationen der weißen Linken und radikal­christlichen »Plowshare«-Gruppen. Letztere haben sich das Bibelwort »Schwerter zu Pflugscharen« zum Motto gemacht und auf Militärbasen Kriegsgerät zerstört.
Auch der Fall des zum Tode verurteilten ehemaligen Informationsministers der Black Panther Party von Philadelphia, Mumia Abu-Jamal, wird auf dem Tribunal einer breiteren linken und radikalen Öffentlichkeit vorgestellt.
Veranstalterin des Tribunals ist die von puertoricanischen und schwarzen Organisationen initiierte Kampagne »Freedom Now!«. Sie will die Tatsache der Existenz politischer Gefangener in den USA ins öffentliche Bewußtsein rücken.
Ein Ergebnis dieser Arbeit ist das 1989 veröffentlichte Buch »Can’t Jail the Spirit: Political Prisoners in the U.S.« mit Kurzbiographien und Fotos gefangener Frauen und Männer. Der Buchtitel konstatiert, daß man sie zwar körperlich hinter Gitter bringen, ihr politisches Bewußtsein aber nicht einsperren konnte. Mit der Veröffentlichung wird diesen Gefangenen ein Gesicht gegeben und das Schweigen um sie gebrochen. Dem gleichen Zweck dient das Plakat, mit dem die »Freedom-Now«-Kampagne für das Tribunal mobilisiert. Unter der Überschrift »Face Reality: There are Political Prisoners in the US« (»Akzeptiert die Realität: Es gibt politische Gefangene in den Vereinigten Staaten«) zeigt es Fotos und Namen derjenigen, die die US-Regierung zum Teil seit den 1960er Jahren als Dissidenten wegsperren ließ. Zum Beispiel den Mitangeklagten von Angela Davis, Ruchell »Cinque« Magee, der mit dem 1971 ermordeten Black Panther George Jackson die schwarze Gefangenenbewegung aufgebaut hatte. Er kämpft bis heute, seit nunmehr über 40 Jahren, um seine Freiheit.
Nachdem die internationale Jury drei Tage lang Zeugenaussagen gehört, Dokumente studiert und die Fakten abgewogen hat, urteilt sie, daß die Existenz politischer Gefangener in den USA eine Tatsache ist, daß Regierung, Justiz und FBI diese Tatsache jedoch durch gezielte Desinformation verschleiern wollen. Teil dieser Taktik sei es, die Oppositionellen unter falschen Vorwänden anzuklagen und sie öffentlich, so die Jury, als »normale Kriminelle« vorzuführen. Wie beispielsweise im Fall des weltweit geachteten AIM-Führers Leonard Peltier, der mittlerweile seit 33 Jahren in Haft sitzt. Er war 1977 mit gefälschten Beweisen wegen Mordes an zwei FBI-Beamten zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
Die Jury kommt ferner zu dem Schluß, daß Gefangene wie die aus der puertoricanischen Unabhängigkeitsbewegung für sich eine Behandlung nach den Mindestgarantien der Genfer Konvention beanspruchen können. Aufgrund der 1977 beschlossenen Zusatzprotokolle zur Genfer Konvention fielen nun auch Kämpfer aus antikolonialen Befreiungs- und Unabhängigkeitsbewegungen unter den Schutz der Vereinbarung.
Die vom Staat teilweise als Krieg begriffene Bekämpfung innerstaatlicher Opposition, so die Jury weiter, schließe für Gefangene ein repressives und extralegales Sonderhaftstatut mit ein. Das in der Genfer Konvention ebenso wie in der Deklaration der Menschenrechte garantierte Völkerrecht verbiete jedoch jede diskriminatorische oder grausame Behandlung von Gefangenen.
Fakten belegten, daß dieser Sonderhaftvollzug bereits baulich und konzeptionell seit den 1960er Jahren in den neuen Hochsicherheitsgefängnissen angelegt worden sei. Politische und »renitente« Gefangenen sollen darin von den Mitgefangenen und der Öffentlichkeit isoliert werden. Zusätzlich soll durch Methoden der sensorischen Deprivation, der Einschränkung der sinnlichen Wahrnehmung, ihre Persönlichkeit gebrochen und damit ihr politisches Bewußtsein zerstört werden.
Wie nicht anders zu erwarten war, fand das New Yorker Tribunal in den US-Medien keinerlei Beachtung. Aber es erreichte etwas anderes: die politischen und revolutionären Bewegungen in den USA und US-Kolonien und die für den Schutz der politischen Gefangenen eintretenden Solidaritätsgruppen konzentrierten sich fortan in ihrem Kampf stärker auf die internationale Zusammenarbeit und Solidarität.
Beispielhaft ist dabei das unabhängige Jericho Movement aus New York, das mit seinem Namen an die einstürzenden Mauern der biblischen Stadt Jericho erinnert und sich zum Ziel gesetzt hat, auf das gänzliche Verschwinden von Gefängnismauern hinzuwirken. Entstanden nach dem New Yorker Tribunal, mobilisiert die Jericho-Bewegung derzeit mit zahlreichen Gruppierungen für einen »Marsch zu den Vereinten Nationen« in New York am 10. Oktober 2008.
Die geplante Demonstration soll an den zehn Jahre zurückliegenden Marsch erinnern, mit dem die Forderungen der politischen Gefangenen 1998 vor das Weiße Haus in Washington D.C. getragen wurden. Auch jetzt geht es dem breiten Bündnis darum, die internationale Aufmerksamkeit auf die Situation der politischen Gefangenen in den USA zu lenken. Die seit Jahren unterstützte Forderung nach sofortiger Freilassung der fünf kubanischen Patrioten ist selbstverständlich Teil der Mobilisierung für den 10. Oktober.

 
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