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Kolumne 9.08.08: Haitis Freiheitswille

09.08.08 Erinnerung an den entführten und verschwundenen Menschenrechtsaktivisten Lovinsky Pierre-Antoine

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 185 - 9./10. August 2008

Für die haitianische Freiheitsbewegung und ihre weltweiten Unterstützer ist dieser August der Monat der Erinnerung an die Entführung und das Verschwinden von Lovinsky Pierre-Antoine. Der 54jährige Menschenrechtsaktivist ist Mitbegründer und Koordinator der Stiftung »Fondasyon Trant Septanm« (Stiftung 30. September). Die Stiftung ist eine Basisorganisation, benannt nach dem Militärputsch vom 30. September 1991, bei dem der demokratisch gewählte Präsident Jean-Bertrand Aristide des Amtes enthoben worden war. Während der Militärherrschaft von 1991 bis 1994 wurden mindestens 3000 Menschen getötet. Seit Gründung der Stiftung im Jahr 2006 demonstrieren ihre Mitglieder jede Woche im Zentrum von Port-au-Prince und weiteren haitianischen Städten und verlangen das Ende der Straffreiheit für die Rechtsverstöße der Vergangenheit sowie Wiedergutmachung für die Opfer des Militärregimes.
Lovinsky Pierre-Antoine ist Psychologe und leistete seit Jahren Basisarbeit in seiner Gemeinde, vor allem mit Kindern. Während der letzten Präsidentschaft von Jean-Bertrand Aristide (2000–2004) war er Leiter der staatlichen Behörde für Migration. Die Zeit der Übergangsregierung verbrachte er im Exil. Im Februar 2006 kehrte er nach Haiti zurück.
Lovinsky Pierre-Antoine wurde das letzte Mal am 12. August 2007 gesehen, als er sich von einer Delegation von Menschenrechtsaktivisten aus den USA und aus Kanada verabschiedete, die Haiti besucht hatten. In den Tagen vor seiner Entführung hatte Pierre-Antoine angekündigt, er wolle bei den ursprünglich für Dezember 2007 anberaumten Wahlen als Mitglied der Fanmi-Lavalas-Partei für das Amt eines Senators kandidieren.
Am Tag seines Verschwindens fand man seinen Wagen in der Nähe des Stadtteils Delmas 18 von Port-au-Prince. Es wird vermutet, daß Pierre-An­toine von Militärangehörigen aus der Zeit des Militärregimes verschleppt wurde, die eine Entführung nur vorgetäuscht haben. Seine vermeintlichen Entführer nahmen am 14. August 2007 Kontakt zu seiner Familie auf und verlangten ein Lösegeld in Höhe von 300000 US-Dollar. Doch danach haben sie sich nie wieder bei der Familie gemeldet.
Rund um den Globus treten Menschenrechtsorganisationen für die Freilassung von Pierre-Antoine ein. Sie haben sich an Haitis Präsidenten René Préval ebenso gewandt wie an die brasilianische Regierung, die das größte Kontingent der in Haiti stationierten UN-Truppen stellt. Außerdem fordern die Menschenrechtler Klarheit über Pierre-Antoines Verbleib von den Regierungen der USA, Kanadas und Frankreichs, die sie für den letzten Putsch gegen Haitis Demokratie verantwortlich machen.
Haiti blickt auf eine bewegte und stolze Vergangenheit zurück. Nach der erfolgreichen Revolution von 1804 war die Insel die erste freie Republik mit einer schwarzen Bevölkerung in der westlichen Hemisphäre. Haiti befreite sich in dieser Revolution vom französischen Kolonialismus und schaffte die Sklaverei Jahrzehnte vor dem Amerikanischen Bürgerkrieg ab, der auch in den USA ein Ende der Knechtschaft für die aus Afrika verschleppten Sklaven bringen sollte. Haiti wurde zum leuchtenden Beispiel für Freiheit und Unabhängigkeit im gesamten karibischen Raum. Als sich Lateinamerika gegen seine spanischen Kolonialherren erhob, war es die junge Republik Haiti, die den von dem Venezolaner Simon Bolivar, genannt El Libertador, geführten Freiheitskampf mit Waffen, Truppen und Rückzugsgebieten unterstützte.
Wegen des mutigen Eintretens der kleinen Inselrepublik für die Befreiung der schwarzen und eingeborenen Völker entfesselten die Regierungen der USA und europäischer Staaten einen unheiligen Krieg gegen sie. Frankreich besaß sogar die Unverschämtheit, für die durch das Ende des Kolonialismus »erlittenen Verluste« Reparationszahlungen zu fordern. Die USA intervenierten mehrfach militärisch, massakrierten die Bevölkerung und setzten Marionettenregierungen ein, die ihnen halfen, das Land über Generationen auszuplündern. Weil Haitis populärer Präsident Bertrand Aristide es wagte, sich dieser reichen Vasallenelite entgegenzustellen, und weil er versuchte, die Not der vorwiegend von Landarbeit lebenden Bevölkerung zu lindern, zwangen ihn US-Marinetruppen ins Exil.
Der 12. August steht dafür, daß weder Haitis mutiger Freiheitswille noch Lovinsky Pierre-Antoine in Vergessenheit geraten.

Übersetzung: Jürgen Heiser
Info: www.globalwomenstrike.net

 
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