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Kolumne 14.06.08: Der schwarze Kandidat

15.06.08 (von maj) Warum sich herrschende Kreise Barack Obama an der Spitze des Imperiums vorstellen können

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 137 - 14./15. Juni 2008

Senator Barack Obama aus Illinois hat im Wettkampf mit seiner innerparteilichen Gegnerin Hillary Rodham-Clinton die notwendigen Delegiertenstimmen erreicht, um im August als Präsidentschaftskandidat der Demokratischen Partei nominiert werden zu können. Er hat damit ein neues Kapitel in der Geschichte der USA aufgeschlagen.
Er war erfolgreich, nachdem afroamerikanische Kandidaten wie Channing Phillips, Jesse Jackson Sr. und Al Sharpton sowie die Kandidatin Shirley Chisholm keinen vergleichbaren Anspruch geltend machen konnten. Es hat zahlreiche weitere schwarze Präsidentschaftskandidaten gegeben, aber sie sind für andere als die beiden staatstragenden Parteien angetreten und hatten das Ziel, diese Bühne zum Anstoß wichtiger Debatten und den Protest gegen gesellschaftliche Mißstände zu nutzen – aber nicht wirklich, um die Kandidatur zu gewinnen. Die bekanntesten unter ihnen waren der damalige Black Panther Eldridge Cleaver, Dick Gregory, Dr. Lenora Fulani und die ehemalige Kongreßabgeordnete Cynthia McKinney.
Anders als sie steht Obama nun als Kandidat im inneren Kreis der potentiellen Sieger für das höchste Amt der USA. Was ihn vor allem von den früheren schwarzen Kandidaten unterscheidet, ist seine politische Herkunft. Er kommt weder aus dem Bürgerrechtsmovement, der militanten schwarzen Befreiungsbewegung noch aus den sozialistischen Strömungen oder der Antikriegsbewegung. Er hat in den vergangenen Monaten sogar oft angemerkt: »Ich bin nicht gegen alle Kriege, ich bin einfach gegen dumme Kriege.«
Selbst wenn seine politischen Gegner ihn gern öffentlich als Linksliberalen vorführen wollen, trifft das kaum zu. Sowohl in innen- als außenpolitischen Fragen hätte er seine politische Heimat auch in der Republikanischen Partei seines ideellen Vorfahren Edward Brooke III, dem ersten afroamerikanischen Senator – inzwischen a. D. –aus Massachussetts, finden können. Obwohl Obama durch seinen afrikanischen Vater von schwarzer Herkunft ist, hat er auf seinem langen entbehrungsreichen Weg bis an den Rand des Weißen Hauses die politischen Gruppen der Schwarzen geflissentlich gemieden.
Er hat sich damit auch geflissentlich von den sehr realen Mißständen ferngehalten, mit dem das schwarze Amerika immer schon zu kämpfen hatte. Statt dessen hat Obama versucht, das Thema Rassismus aus seinem Vorwahlkampf herauszuhalten. Doch haben ihm Senatorin Clinton und ihr kruder Ehemann, der frühere US-Präsident William Clinton, einen Strich durch die Rechnung gemacht. Bei den Super Tuesday Primaries im Fe­bruar schoben sie das Thema Hautfarbe gezielt ins Zentrum der öffentliche Debatte und drückten Obama genau den Stempel auf, den er nicht wollte: »Der schwarze Kandidat«. Diese Attacke bescherte ihm spürbar große Probleme. Auch wenn er danach bei den Delegiertenstimmen wieder punkten konnte, hatte er doch die Mehrheiten in Bundesstaaten wie Ohio und Pennsylvania verloren, die für einen Wahlsieg im November wichtig gewesen wären.
Politik in den heutigen USA ist die Kunst, das Wahlvolk glauben zu machen, es verfüge über Macht, obwohl das Gegenteil der Fall ist. Die Frage ist, wie düster die aktuelle Lage ist, daß die herrschenden Eliten eventuell bereit wären, den Schlüssel zum Machtzentrum einem Schwarzen in die Hand zu geben. In vielen US-Städten ist das vorexerziert worden, als man Schwarze zu einem Zeitpunkt in die Bürgermeisterämter aufsteigen ließ, als die öffentlichen Kassen leer waren und das Steueraufkommen den absoluten Tiefpunkt erreicht hatte. Sollten sie sich doch mit der Verwaltung dieses Elends herumquälen.
Nun, da der »Produktionsstandort USA« zur Geschichte wird, die kapitalistische Globalisierung einen sozioökonomischen Kahlschlag veranstaltet und die Außenpolitik der Bush-Regierung einen globalen Scherbenhaufen hinterläßt, können die herrschenden Kreise sich an der Spitze des Imperiums sogar ein nettes braunes Gesicht vorstellen.
Ein »wahrer Wechsel, an den man glauben kann«, wie Obamas Hauptmotto lautet, müßte Schluß machen mit diesem Imperium, Schluß machen mit den Kriegen, die aus reiner Macht- und Habgier geführt werden, und die Veränderung nicht darauf reduzieren, nur die Hautfarbe der Spitzenmanager des Systems zu wechseln. Die wirkliche Veränderung steht noch aus.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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