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Kolumne 26.04.08: Neoliberal oder neoliberal

26.04.08 (von maj) Die Präsidentschaftswahlen in den USA sind zu einer Art Schönheitswettbewerb verkommen

Mumia Abu-Jamal * junge Welt Nr. 98 - 26./27. April 2008

In der Berichterstattung über den Vorwahlkampf in den USA wird der Eindruck vermittelt, Wahlen könnten grundsätzlich etwas verändern. Aber das können sie nicht, im Gegenteil, sie sollen die Stabilität des Systems sichern.
Wer sich gründlicher mit dem jetzt vorherrschenden politischen Thema – der Wahlkampagne der Demokratischen Partei – befaßt, wird feststellen, daß sie eine reine Übung in Konformität ist. In ihrem Kern sind diese Kampagnen wenig mehr als Popularitätswettbewerbe: Wer kommt am besten an? Wer gibt mir am ehesten ein gutes Gefühl? Mit wem würde ich gern mal ein Glas trinken? John F. Kerry hat bei den Wahlen 2004 nicht nur verloren, weil ihm von den Wahlmaschinen der regierenden Republikaner in Ohio Stimmen geraubt oder weil Lügen über seinen Vietnameinsatz verbreitet wurden. Er hat vor allem verloren, weil es seinen Gegnern gelungen war, ihn mit einer verdeckten Kampagne als abgehobenen intellektuellen Schlaukopf zu brandmarken – als jemanden mit hohen Universitätsabschlüssen, der sogar Französisch spricht! Gerade in der gegenwärtigen Ära des Antiitellektualismus sind solche Schlauberger vielen US-Bürgern suspekt. Deshalb haben sie ihre Stimme im November 2004 lieber wieder dem Dummkopf George W. Bush gegeben, den sie immerhin schon kannten.
Beim momentanen Wettkampf zwischen Hillary Rodham-Clinton und Barack Obama geht es nicht um die Frage, seine Stimme alternativ entweder einer Frau oder einem Schwarzen zu geben. Es geht schlicht darum, wer die größere Popularität erlangt. Nüchtern betrachtet ist damit die offizielle US-Politik zu 95 Prozent mit einem Schönheitswettbewerb zu vergleichen. In den Sachfragen sind Clinton und Obama ohnehin kaum voneinander zu unterscheiden. Und auch wenn die rechte Propaganda jetzt etwas anderes behauptet: Beide Kandidaten sind alles andere als »Liberale«. Sie sind Neoliberale, deren Herzen für Globalisierungsstrategien nach Art des Freihandelsabkommens NAFTA schlagen, das den armen Ländern der amerikanischen Region noch mehr Ausplünderung und den US-Arbeitern noch mehr Arbeitslosigkeit bringt. Clinton und Obama wollen beide ausdrücklich das NAFTA-Abkommen nicht rückgängig machen, sie wollen es nur »überdenken«.
Die beiden Wahlkämpfer konkurrieren um nichts anderes als die Entscheidung, wer künftig das Imperium führen wird, nachdem Präsident Bush es zuschanden geritten hat. Es geht weder Clinton noch Obama um eine antiimperialistische Position, es geht ihnen um ein besseres, schlaueres Management. Sie wollen im Gegensatz zu John McCain, ihrem Gegner von den Republikanern, der die Verkörperung des Versprechens ist, daß es unter ihm nichts zu lachen geben wird, letztlich ein Imperium, das wenigstens nach außen mit einem Lächeln daherkommt. Was können wir anderes erwarten, wenn wir uns die obszönen Mengen von Geld vor Augen halten, die hier im Spiel sind? Hunderte Millionen US-Dollar werden in dieser Wahlkampagne verbrannt, das meiste davon für teure Werbeanzeigen und TV-Spots.
Bei all den hier geäußerten Bedenken soll nicht geleugnet werden, daß viele unserer Landsleute wirklich politisch interessiert sind und sich verzweifelt nach einer Veränderung sehnen. Aber welche Art »Veränderung« erwartet sie am Ende? Wann hat je ein Präsidentschaftskandidat die Worte »Imperialismus«, »Elend der Armen« oder – Gott bewahre! – das Wort »Kapitalismus« in den Mund genommen? Wenn US-Präsidentschaftskandidaten den Kapitalismus erwähnen, dann bekommt man den Eindruck, daß sie das Hohelied auf ein heiliges Sakrament singen. Kein Kandidat, der an seinem Sieg interessiert ist, wird den Kapitalismus kritisieren. Wie bei jeder Religion wird gepredigt, daß man einfach an seine Segnungen glauben muß. Auch an die Politiker soll man glauben – bis sie nach den Wahlen wieder die Mehrheit ihrer Wähler verraten, die ihnen vertraut hatten. Die Loyalität der Politiker gehört letztlich ausschließlich der Minderheit, die ihnen Millionen und Abermillionen von Dollars dafür gespendet hat, daß sie sich ihre teure Kandidatur überhaupt leisten konnten.

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
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