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Buch soll für Mumia Abu-Jamals Hinrichtung mobilisieren

10.12.07 (von ivk) Maureen Faulkner, Witwe des 1981 in Philadelphia getöten Polizisten Daniel Faulkner, hat ihr Buch »Murdered by Mumia« im NBC-Fernsehen öffentlich vorgestellt. Verteidiger Robert R. Bryan erklärt: »Mit dem Buch wird das Ziel der Rache verfolgt, um Mumia ungeachtet der Wahrheit unter den Händen des Henkers sterben zu sehen.« Entlastungszeugin Veronica Jones wandte sich vor der Sendung mit Offenem Brief an NBC-Redaktionsleitung

Mumia-Gegner machen mobil
Am 6. Dezember 2007 hatte Maureen Faulkner, Witwe des Polizeibeamten Daniel Faulkner, für dessen Tod Mumia Abu-Jamal seit dem 9. Dezember 1981 verantwortlich gemacht wird, Gelegenheit, in der Frühstückssendung »The Today Show« des US-Fernsehsenders NBC ihr Buch »Murdered by Mumia: A Life Sentence of Loss, Pain and Injustice« (»Ermordet von Mumia: lebenslang bestraft mit Verlust, Schmerz und Ungerechtigkeit«) vorzustellen. Verfaßt hat sie es zusammen mit Michael Smerconish, einem rechtskonservativen Radiomoderator und früheren politischen Berater des rechtsextremen Polizeichefs von Philadelphia, Frank Rizzo. Für Rizzo war Mumia Abu-Jamal Ende der 1970er Jahre zum Intimfeind geworden, seit er als Radiojournalist kritische Berichte über die für ihren Rassismus berühmt-berüchtige Polizei von Phialdelphia veröffentlicht hatte. Rizzo hatte Jamal schon weit vor dem Dezember 1981 auf einer Pressekonferenz offen mit »Konsequenzen« gedroht.
Ko-Autor Smerconish, wahrscheinlich der eigentliche Autor des Faulkner-Buches, hatte sich in den letzten Jahren unter anderem einen Namen damit gemacht, daß er die Folterfotos aus dem irakischen Abu-Ghraib-Gefängnis als »Bilder von Nackten, die eine Pyramide bilden« zu verharmlosen suchte, und indem er die massenhafte Verhaftung aller MigrantInnen forderte, die illegal in den USA leben und öffentlich für ihre Rechte eintreten.
Maureen Faulkner ist im Laufe von 26 Jahren zur medienwirksam vermarkteten »Berufs-Witwe« aufgestiegen, die propagandistisch von der finanzstarken rechten Polizeigewerkschaft Fraternal Order of Police (FOP) für Law & Order-Kampagnen eingesetzt wird. Die FOP läßt seit Jahrzehnten keine Gelegenheit aus, Mumia Abu-Jamals Hinrichtung zu fordern.
Maureen Faulkner hatte sich und ihr Dasein als »trauernde Witwe« bereits vor Jahren disqualifiziert, als sie immer wieder gegenüber den Medien die Mähr erzählte, Mumia habe 1982 »im Gerichtssaal gelacht, als das blutverschmierte Diensthemd meines Ehemannes als Beweisstück in das Verfahren eingeführt wurde«. Die Verteidigung konnte schon bald nachweisen, daß ihr Mandant schon allein deshalb nicht »im Gerichtssaal« gelacht haben konnte, weil er an dem Tag, als das Hemd gezeigt wurde, vom Prozeß ausgeschlossen war (wie an vielen anderen Verhandlungstagen auch). Die Verteidiger legten zum Beweis die Gerichtsakten vor – und Maureen Faulkner setzte diese Lüge fortan nicht mehr ein.

Buch verfolgt Ziel der Rache
Das Buch erscheint zu einem Zeitpunkt, an dem die Entscheidung des 3. Bundesberufungsgerichts über eine eventuelle Neuauflage des Prozesses noch nicht ergangen ist. Nach Einschätzung der Verteidigung liegen die Ziele, die mit dem Buch verfolgt werden, in diesem Zusammenhang klar auf der Hand. Robert R. Bryan, Hauptverteidiger von Mumia Abu-Jamal, erklärte am 5. Dezember 2007 in einer Pressemitteilung zu dem für den nächsten Tag geplanten NBC-Beitrag:
»Ich habe Teile des Buches gelesen. Es strotzt vor Halbwahrheiten und Verzerrungen. Es fehlt jeder Hinweis auf die wahren Fakten und jedes kritische Wort darüber, daß der Prozeß von Rassismus und gefälschten Beweisen bestimmt war. Mit dem Buch wird das Ziel der Rache verfolgt, um Mumia ungeachtet der Wahrheit unter den Händen des Henkers sterben zu sehen. Ich werde das nicht zulassen.«
Da es im Vorfeld der NBC-Sendung schon zu Protesten in- und außerhalb der USA gekommen war, sah sich die Redaktion veranlaßt, noch ein kurzes Statement von Rechtsanwalt Bryan einzuholen. Die »Today Show« dauert zwei Stunden, besteht aber aus zahlreichen Beiträgen über Reisen, Gesundheit, Kochrezepte, Stars und Politiker, wie man das auch aus dem deutschen Frühstücksfernsehen kennt. Rechtsanwalt Bryan kam in dem knapp 7-minütigen Beitrag nur am Rande zu Wort. Aber die Tatsache, daß es weltweit Menschen gibt, die für Mumia und ein Wiederaufrollen des Falles eintreten, bestimmte die ersten Minuten des Beitrages. Mit einem Kameraschwenk wurde sogar live gezeigt, daß sich einige Dutzend Unterstützer von Mumia mit Transparenten und Mumia-Plakaten vor dem Funkhaus versammelt hatten. Der Moderator stellte Faulkner und Smerconish zwar unbequeme Fragen, die insbesondere Maureen Faulkners fast fanatische Überzeugung in Zweifel zogen, nur Mumia könne der Täter sein, aber letztendlich konnte die Witwe eben genau jene Behauptung wiederholen, die ihr zum Lebensleitsatz geworden ist: »Mumia ist der Mörder«. Wichtig ist in diesem Zusammenhang sicher auch, daß Faulkners Buch vor und nach der NBC-Sendung in den übrigen Medien und vor allem in der Tagespresse in Philadelphia breit dargestellt wurde – einschließlich des Abdrucks von Auszügen, in denen altbekannte Lügen und Verdrehungen neu aufgewärmt werden.
Auch auf der Website zum Buch werden die im Buch enthaltenen falschen Behauptungen wiederholt, Mumia Abu-Jamal sei von einer »ethnisch-gemischten Jury verurteilt worden, deren Urteil auf folgenden Fakten basierte: Den Aussagen verschiedener Augenzeugen, seinem Besitz der Mordwaffe, dazu passende ballistische Gutachten und Abu-Jamals eigenem Geständnis«. Wie die Vertrauensanwälte aber mittlerweile in mühevoller Arbeit vieler Jahre herausgearbeitet haben, wurden schwarze Geschworene unter Rechtsbruch vom Verfahren ausgeschlossen, die »Mordwaffe« war nicht die Mordwaffe, die ballistischen Gutachten schlossen aus, daß Mumia Abu Jamal der Schütze gewesen sein könnte und sein angebliches »Geständnis« wurde erst zwei Monate nach seiner Verhaftung am runden Tisch zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft erfunden. Grund dafür war, daß die Staatsanwaltschaft fürchtete, ihre beiden Belastungszeuginnen könnten umkippen und ihre Aussagen widerrufen. Cynthia White und Veronica Jones hatten beide als junge Frauen in jener Nacht des 9. Dezember 1981 als Prostituierte in dem Viertel gearbeitet, in dem Mumia Abu-Jamal von einer Polizeikugel schwerverletzt und Daniel Faulkner von einem Unbekannten erschossen worden war.
Cynthia White wird schon seit Jahren nach Polizeiangaben »vermißt« und soll angeblich »verstorben« sein. Und Veronica Jones hat bereits 1996 im Rahmen der Bemühungen der Verteidigung um eine Wiederaufnahme des Verfahrens vor Gericht ausgesagt, sie sei 1981 von der Polizei massiv unter Druck gesetzt worden. Deshalb habe sie aus Angst, für viele Jahre im Gefängnis zu verschwinden, die von der Polizei vorgegebene Aussage gemacht, Mumia Abu-Jamal habe Daniel Faulkner erschossen. Sie könne ihren Kindern aber nicht mehr ins Gesicht sehen, so Jones 1996, und wolle daher ihre Falschaussage zurückziehen und die Wahrheit sagen. Kaum hatte sie diese Aussage gemacht, wurde sie auf Anordnung von Richter Albert Sabo, der Mumia 1982 zum Tode verurteilt hatte, unter fadenscheinigen Vorwänden aus dem Zeugenstand entfernt und verhaftet.
Am 26. November 2007 wandte sich Veronica Jones an die Macher der »Today Show«:

Offener Brief von Veronica Jones an die Redaktionsleitung der »Today Show« des US-Senders NBC

Betr.: Michael Smerconishs und Maureen Faulkners Buch »Murdered by Mumia«

Als Zeugin in diesem Fall bin ich, Veronica Jones, fest davon überzeugt, daß Mumia Abu-Jamal unschuldig ist. Abgesehen von dem Drama, das der Prozeß an sich darstellt, beruht meine Überzeugung auf der Einschüchterung und Erniedrigung, die ICH selbst durch dieses Verfahren erlitten habe – einen Fall, durch den ich seit meinem 20. Lebensjahr bis heute mein ganzes Erwachsenenleben hindurch drangsaliert wurde.
Wenn Mr. Jamals Schuld außer Frage steht, warum werden dann solche Anstrengungen unternommen, mich öffentlich zu diskreditieren und zu erniedrigen? Ein Beispiel für dieses Mobbing, das ich seit 1981 ertragen mußte, ist die Tatsache, daß ich in Handschellen aus dem Zeugenstand geführt und inhaftiert wurde, nachdem ich versucht hatte, die Wahrheit auszusprechen.
Als Nachrichtenreporter/Journalisten sind sie gehalten, fair und wahrheitsgemäß zu berichten. Wenn es zwei Seiten einer Geschichte gibt, müßten Sie da nicht beiden Seiten Gelegenheit geben, ihre Version zu erzählen? Offensichtlich aber will Ihr Mainstream-Medium nur eine Seite dieses besonderen Falles portraitieren. Wenn dem so ist, was unterscheidet Sie dann von jenen Leuten, die mich in Philadelphia im Oktober 1996 in einem Gerichtssaal vor den Augen meiner Kinder unter falschen Anschuldigungen in Handschellen gewaltsam aus dem Zeugenstand entfernen und einsperren ließen?
Was unterscheidet Sie von der Nachrichtensendung »20/20« des Senders ABC, in der 1998 totale Lügen darüber verbreitet wurden, warum mir in Kenntnis dessen, was ich zu sagen hatte, ein Interview verweigert wurde?
Abschließend sei erwähnt, daß ich den Polizeibeamten Faulkner kannte und ihn nett fand – jedenfalls war er es mir gegenüber. Er hat auf mich aufgepasst und mir öfters geholfen. Vor diesem Hintergrund hätte ich keinen Grund, einen Mann zu schützen, dem vorgeworfen wird, Faulkner ermordet zu haben – vor allem, wenn ich diesen Mann – Mumia Abu-Jamal – überhaupt nicht kannte.
Im Namen der Fairneß, zeigen Sie bitte Fairneß – gegenüber allen.
Mit freundlichen Grüßen,
gez. Veronica Jones

 
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